NUR EINE FLÜCHTIGE BEGEGNUNG
von Joana Angelides
Der Abend schien wieder genau so trostlos zu werden, wie die vergangenen
beiden Abende. Das Seminar an dem ich teilnahm, war um 18.ooh beendet
und vor dem Schlafengehen lümmelten wir alle noch in der Bar herum und
nahmen unsere Drinks. Ich saß ganz am Ende der Bar, angelehnt an die
Wand und trank Gin-Tonic.
Da geschah es.
Ich sehe noch immer dein kleines Lächeln, mit dem du an diesem Abend in die Bar des Hotels kamst.
Die Mappe in deiner Hand landete schwungvoll am Tresen der Bar und mit
einer Bewegung der linken Hand versuchtest du deinen blonden Haarschopf
aus dem Gesicht zu streifen
Während dieses Vorganges traf mich dein Blick und blieb sofort fest an
meinem Gesicht hängen. Es war ein leicht fragender Blick, mit eben
diesem kleinen Lächeln, das mich sofort gefangennahm.
Noch immer hielten mich deine blauen Augen gefangen, als du gegenüber,
am anderen Ende der Bar Platz nahmst und nach deinen Zigaretten
suchtest.
Ich spürte die aufsteigende Hitze in meinem Gesicht und hielt den Atem
an. Die Begegnung mit dir war wie ein Auftauchen aus einem tiefen See
und das Eintauchen in gleißendes Sonnenlicht. Alles rundherum verschwand
hinter diesem Licht.
Ich fragte mich plötzlich, wie alt du wohl sein mußtest.
Du erschienst mir so jung und unbekümmert, schön wie Apoll, dessen
Geburt die Insel Delos in eben solch gleißendes Licht getaucht haben
soll.
Noch immer hielten sich unsere Blicke fest, mein Kopf neigte sich etwas
seitlich und ich spüre, wie ein Lächeln sich um meinen Mund legt.
Während du deinen Kaffee trinkst, hältst du meinen Blick gefangen und es gab kein Entrinnen aus dieser Verbindung.
Plötzlich hatte ich den Wunsch, aufzustehen und mich neben dich zu
setzen. Sofort reihte ich diesen Gedanken in die Kategorie wilde
Fantasie ein. Du erschienst mir plötzlich mindestens zwanzig Jahre
jünger zu sein, als ich.
Dein Gesicht wurde durch die ober dir angebrachte Lampe mit Abdeckung in
Licht und Schatten geteilt, so dass die Augen und die Nase etwas im
Schatten lagen, doch das Licht deinen Mund voll beleuchtete. Ich spürte
plötzlich diese, mir so sinnlich erscheinenden Lippen auf meiner Haut,
ich spürte, wie sie langsam von meinem Hals zum Brustansatz wandernden
und merkte, wie meine Handfläche plötzlich auf dem Ausschnitt meines
Kleides ruhte, so als würde ich diese Küsse abwehren wollen.
Scheinbar stieg mir der Gin-Tonic in den Kopf!.
War dein Lächeln eben stärker und ein wenig spöttischer geworden?
Röte stieg mir ins Gesicht. Es war mir, als würdest du meine Gedanken
lesen, dein Mund öffnete sich leicht und meine Fantasie zauberte mir
wieder Bilder vor, die ich nicht erlauben wollte.
Mit einem Ruck rutschte ich vom Barhocker, nahm meine kleine Tasche und
strebte der Halle und dem Hotelaufzug zu. Ich spürte deine Blicke in
meinem Rücken und befürchtete, sie würden mir womöglich ein Loch in das
teure Kleid brennen.
Der Aufzug brachte mich in meine Etage und ich nahm den Zimmerschlüssel
aus meinem Täschchen. Meine Hände zitterten ein wenig, als ich
versuchte, ihn in das Schloss zu stecken. Da spürte ich hinter mir einen
warmen Körper, der sich an mich schmiegte und meine Hand führte. Ich
wußte sofort, daß du es warst.
Warum ich es als so selbstverständlich nahm, dass du mich leicht in das Zimmer drängtest?
In diesem Moment war es selbstverständlich für mich
Das Zimmer lag im Halbdunkel der Straßenbeleuchtung und als meine Hand den Lichtschalter sucht, drücktest du sie sanft weg.
Langsam drehst du mich um und deine Augen versanken wieder in den meinen
und erzeugten ein Feuerwerk von Licht und explodierenden Sternen.
Als deine Lippen suchend über meine Wangen strichen und schließlich
meine Lippen berührten, verlor ich den Halt unter den Füßen. Doch du
hast mich aufgefangen und mit starken Armen gehalten.
Wieso fanden deine Finger den Reißverschluß meines Kleides so mühelos,
sodass das Kleid an mir hinab glitt? Deine Fingerkuppen fuhren langsam an
meinem Rückgrat entlang und wie durch Zauberhand fandest du alle
störenden Haken und Knöpfe.
Die Erregung durch deine Berührungen trugen mich und ließen mich Zeit
und Raum vergessen. Geflüsterte Worte ließen mich eintauchen in die Welt
der Gefühle. Ein Wirbel von Farben und Klängen umgaben mich und trugen
mich über Wellen und Meere der Sinnlichkeit.
Jede Berührung deiner Lippen erzeugten an der spiegelnden Oberfläche des
Sees meiner Begehrlichkeit sich fortpflanzende Ringe, die immer größere
Kreise zogen und von den nachkommenden Wellen überrollt wurden.
Ich wurde geschüttelt von sich steigerndem Aufbäumen vor dem Ausbruch
des Vulkans in meinem Inneren. Deine imaginären Zärtlichkeiten ließen mich zu
schmelzendem Gold werden und im Augenblick des ultimativen Höhepunktes
unserer beiden Körper fühlte ich mich emporgehoben zu den Sternen des
Universums und wurde hinein gezogen in das gleißende Sonnenlicht.
Es war eine Nacht, die niemals zu Enden schien. Es waren Stunden in
denen wir unsere Vereinigung immer wieder erlebten und uns danach
festhielten, wie gedacht für die Ewigkeit.
Als ich dann irgendwann morgens aufwachte, warst du nicht mehr da. Der
Platz neben mir war leer, so als wärest du niemals da gewesen.
Ich wollte deinen Namen rufen, doch ich wusste ihn ja gar nicht. Hatte ich das alles nur geträumt?
Wie viele Gin-Tonic waren es denn gestern Abend?
Naja, immerhin, ein sehr realer, intensiver und auch schöner Traum!
Wir mussten die Zimmer räumen, es war der letzte Tag des Seminars. Nach dem Mittagessen ging es wieder heimwärts.
Meine suchenden Blicke im Speisesaal waren nicht von Erfolg gekrönt. Also, doch ein Traum.
Als ich den Schlüssel an der Rezeption abgab, legte mir der Mann an der Rezeption ein Feuerzeug hin.
"Das haben Sie im Zimmer vergessen, wir wünschen ihnen eine gute Heimreise!"
Ich habe das Feuerzeug aufgehoben, vielleicht treffe ich dich doch wieder einmal, irgendwo in einer Bar?
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