Montag, 9. November 2015

Entscheidung in der Dunkelheit, vampirig



Entscheidung in der Dunkelheit
 von Joana Angelides

 Bildergebnis für vampire

Das ist wieder so ein Abend, der das Ende des Tages ankündigt, er wird nahtlos in eine dunkle Nacht übergehen.
Er steht am großen Fenster seiner Wohnung unter dem Dach des alten Hauses und blickt auf die bereits einsetzende  Dämmerung nieder, die die Stadt langsam einhüllt, die Umrisse der Häuser unscharf werden läßt und erste vereinzelte Lichter vorwitzig versuchen das Grau zu durchdringen.

Die Hektik des  Tages ist im Abklingen,  die Stille beginnt sich auszudehnen. Hier heroben, über den Dächern der Stadt sind die Geräusche ohnehin nur gedämpft zu hören.

Gedanken überschlagen sich, man hat eigentlich gar keinen Einfluß darauf. Bilder ziehen vorbei, Erinnerungen an Gerüche werden wach. Betörende Gerüche, schwer,  den Geist einschläfernd, die Sinne schärfend. Bilder aus längst vergangener Zeit, Jahrhunderte gleiten vorbei wie ein langer Zug mit Abteilen. Jedes Abteil ist besetzt mit fremden, manchmal jedoch auch bekannten Gestalten, bleichen Gesichtern.

Man wird es müde, all diese Wesen im Gedächtnis zu behalten. Nur manchmal verbleiben Eindrücke und Erinnerungen, oft ganz tief ins Innerste verbannt, als Schuldgefühle bestehen.  Ihre Verzweiflungsschreie verhallend in der Unendlichkeit und werden doch hin und wieder im Unterbewußtsein  wahrgenommen.

Sein Blick ruht auf den Dächern der Stadt, die für ihn zur Heimat geworden sind. Es gibt noch viele Seelen hier, denen man sich nähern kann, ihre Eignung zum kurzzeitig gemeinsamen Weg testen kann. Ihr Blut rettet seine Existenz, hält ihn am Leben, oder wie man das nennen soll, das ihn weiter treibt, das ihn atmen und suchen läßt. Es ist eher ein Existieren in einer Art Zwischenwelt ohne sichtbare Grenzen.

Durch die geöffneten Flügel des Fensters dringt etwas kühlere Nachtluft herein. Er schlingt das rechte Ende des Umhanges um die Schulter und gleitet lautlos in die Nacht hinaus.

Unendlich lange  hat er nun sein Heim nur nachts verlassen. Er streicht in der Dunkelheit durch die breiten Straßen, engen Gassen und überquert Plätze, sucht und findet seine Opfer.


Als er aus dem dunklen Park gegenüber heraustritt, unterscheidet er sich kaum von den vorbei eilenden Menschen. Er wird kaum beachtet, kaum wahrgenommen.
Gegenüber ist die Brücke, die über den Fluß führt, sie  verliert sich im Nebel. Man sieht nur bis ungefähr zur Mitte, dann ist die Sicht eingeschränkt.  Diese Novembernacht verschluckt auch die Geräusche der darüber gleitenden Autos, die Lichter treffen auf die Nebelwand, tauchen ein und verschwinden.
Er drückt sich an das Geländer und verschmilzt mit einem Pfeiler, der hoch hinauf reicht und in der Folge dann im dunklen Wasser der Fluten verschwindet. Die Lichter spiegeln sich darin und scheinen sich zu bewegen.

Er richtet seine Sinne in die Dunkelheit, horcht auf Geräusche und Bewegungen und sein Atem stockt. Genau vor ihm, einige Meter vorne, muß sich jemand ebenfalls an das Geländer lehnen. Er kann die Erregung spüren, die Unruhe pflanzt sich bis zu ihm fort.

Nun löst er sich aus dem Schatten und bewegt sich lautlos aber schnell vorwärts. Ungefähr in der Mitte der Brücke sieht er sie. Sie lehnt mit dem Kopf auf ihrem linken Arm aufgestützt,  am Mittelpfeiler und ihr rechter  Arm umklammert das Geländer. Sie weint so heftig, dass er es hören kann.

Lautlos arbeitete er sich bis zu diesem Mittelpfeiler vor und steht nun an ihrer Seite.

Sie beugt sich vor und macht Anstalten, sich auf das Brückengelände zu setzen. Mit einem Schritt nach vor, hält er sie an der Taille fest.

„Nein, Sie springen nicht!“ Er sagt es laut und fest und zieht sie  vom Geländer weg.

„Lassen sie mich, ich will nicht mehr leben!“

„Sie würden es bereuen, es gibt Nichts, was Leben ersetzt!“
Er schließt einen Moment seine Augen, wer weiß das besser als er selbst!?

Sie lehnt nun an der Innenseite des Mittelpfeilers und Tränen rinnen über ihr Gesicht.
Nun hat er endlich die Gelegenheit sie genauer zu betrachten.
Ihr schmales Gesicht wird umrahmt von dunklem Haar, das wie ein Helm an ihrem Kopf anliegt. Stirnfransen reichen fast bis zu den Bögen der Augenbrauen, die einen wunderbaren Schwung haben und ihre großen, ebenfalls dunklen Augen, noch  zusätzlich betonen.

Ihr voller Mund ist geöffnet und ihre Lippen zucken, während ihre Zunge langsam hin und her fährt. Sie sah so jung und hilflos  aus!
Ja, ein hilfloses Mädchen, das war genau das, was er heute Nacht braucht.

„Lehnen Sie sich an mich, das tut Ihnen sicher gut. Vielleicht kann ich dafür sorgen, dass Sie nie mehr weinen!“
Sie kann die Zweideutigkeit dieses Satzes nicht verstehen, doch irgendetwas drängt sie, sein Angebot anzunehmen.
Ihr Kopf ruht nun auf seine Brust, leicht seitwärts geneigt und die feine Linie ihres weißen Halses liegt frei vor ihm.  Er schließt die Augen, die Vorstellung mit seinen Lippen darüber zu streichen, zu verweilen,  überwältigt ihn.
Er legt seinen Arm um sie und gleichzeitig hüllt er sie in seinen Umhang ein. Sie schluchzt zwar noch weiter, doch er spürt, wie sich der Krampf langsam löst und es ein befreites Weinen wird.
Langsam beginnt er schrittweise, mit ihr im Arm, die Brücke zu verlassen. Die Autos, die auf der Fahrbahn vorbei gleiten hüllen sie manchmal in helleres Licht. Die Lenker vermeinen  ein  Liebespaar zu sehen, eng umschlungen, weltvergessen dahin gehen.

Er führt sie langsam in den dunklen Park, dort wo einige Bänke stehen und die Beleuchtung nicht sehr effizient ist. Er zieht sie zu sich herunter, als er Platz nimmt. Sie löst sich aus seinen Armen und lehnt sich leicht zurück. Nun erst kann sie ihren Begleiter voll ins Gesicht sehen.
Sie sieht ein schmales, blasses Gesicht mit großen dunklen Augen, die in ihrer Tiefe zu brennen schienen.
Plötzlich steigt Angst in ihr auf und sie will aufstehen, doch sein linker Arm, der sie unter ihrer sich hebenden und senkenden Brust sanft, aber nachdrücklich niederdrückt, läßt das nicht zu.  Der sie umhüllende Umhang tut den Rest und eigentlich ist sie von ihm gefangen, wie in einem Seidenkokon.
Er spürt  in der Enge des Umhanges, der sie beide einhüllt, wie sie am ganzen Körper zittert. Er weiß, dass  sie durch den dünnen Stoff ihres Kleides seine Erregung spüren muß.  Die weiße Schulter, die aus der verrutschten Bluse hervor leuchtet, raubt ihm fast den Verstand.
Ihr Schluchzen hat aufgehört, die letzte Träne findet ihren Weg über ihre Wange. Sein Gesicht kommt immer näher,  sein Mund ist leicht geöffnet. Seine weißen Zähne schimmern in der Dunkelheit.

„Vergessen Sie ihn, wenn er Ihnen diesen Schmerz zufügt, dann ist er ihre Liebe nicht wert. Kommen Sie mit mir mit, ich zeige Ihnen die Welt, wir verschreiben uns  dem Wind und reisen mit den Wolken über die Kontinente zu fernen Meeren. Ich verspreche dir ewige Jugend, Kraft und Macht über die Menschen! Möchtest du das mit mir teilen?“

Sie kann ihre Augen nicht aus den seinen lösen, es erscheint ihr erstrebenswert mit ihm in seine Welt einzutauchen. Sie hat keine Ahnung und keine Vorstellung was sie erwartet, doch ist sie bereit, es zu erfahren.
Sie nickt einige Male hintereinander und drückt sich unwillkürlich wieder fester an ihn. Sie kam sich so verloren, so einsam vor. Doch plötzlich nun ist eine starke Mauer da, an die sie sich anlehnen kann, die Gemeinsamkeit verspricht.

Im letzten Satz ist er in das vertraute DU gefallen, doch sie merkt es kaum. Sie hört fasziniert seiner Stimme zu, seinen Schilderungen über die Zukunft und schließt die Augen. Sie kann den Triumph in seinen Augen nicht sehen, die Gier und das Verlangen nach ihr und ihrem Blute.

Sie spürt kaum, wie sich seine Zähne langsam in ihren Hals bohren, es ist nur ein kleiner Schmerz. Doch sie spürt, wie sich eine unglaubliche Müdigkeit und Leichtigkeit in ihrem Körper ausbreitet und verliert fast das Bewußtsein. Er hebt ihr leichte Gestalt auf, läßt sie umhüllt von dem schweren schwarzen Mantel in seinen Armen liegen und erhebt sich mühelos und schwebt mit ihr, seinem neuen Opfer,  über die dunklen Spitzen der Bäume des Parks bis zu dem großen offenen Fenster seiner Dachgeschoßwohnung.  Denn am Horizont zeigt sich schon vorsichtig der junge Tag und die ersten Sonnenstrahlen haben die Kuppel der Kirche gegenüber erreicht.

Der tiefe todesähnliche Schlaf, der sie nun beide umfängt führt in eine Welt, die nur ihresgleichen betreten können.



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Zwischen Tanz und Ewigkeit, vampirig



Zwischen Tanz und Ewigkeit.
 von Joana Angelides

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Nun war er da, der Karneval!

Ganz Venedig war eine Bühne. Am Marcusplatz drängten sich die schönsten Kostüme. Auf jeder Brücke in jeder kleinen Gasse Venedigs liefen sie herum, mit Vogelmasken, mit weißen Masken, riesigen Hüten mit Federgestecken, blauen, roten und grünen Taft und Seidengewändern, glitzernd und glänzend, mit Glöckchen und Schellen.
Prinzen und Könige in samtenen und seidigen Wamse, jedoch alle mit Masken. Niemand kannte den Anderen oder Alle, alle waren ausgelassen.
Auf kleinen Plätzen, wie auf der Piazza S.Polo  waren kleine Bühnen mit Straßentheatern aufgebaut, Musik aus alten Instrumenten war zu hören. Sie spielten alte Stücke von Goldoni, alte venezianische Possen.

Man wurde umarmt, gestoßen und gezogen. Lachen drang von allen Seiten heran, es war ein Rausch der Farben und Sinnen. Sektgläser machten die Runde, es wurde zugeprostet und fremde Menschen sprachen sich an und gingen wieder aneinander vorbei.
Am Canale Grande fuhren die Wasserbusse, voll besetzt mit lachenden Menschen in Masken vorbei, hielten an den Stationen an und Massen von Menschen stiegen ein und aus.

Alissa und Susanne, zwei Kunststudentinnen, die Venedig nur wegen des Karnevals besuchten, hielten sich an den Händen um sich nicht zu verlieren. Sie prosteten einigen Masken zu, tanzten über den Markusplatz und versuchten immer, sich nicht aus den Augen zu verlieren.

Ein ausgelassener Capitano riß Alissa jedoch irgendwann von ihrer Seite und Susanne war in dem Getümmel alleine. Sie rief zwar noch ein paar Mal ihren Namen aber es war vergebens.

Doch da wurde sie schon wieder von einer Maske herum gewirbelt, bekam ein Glas Sekt und wurde weiter gegeben an eine Maske mit Vogelgesicht, mit der sie einen Tanz lang verbunden war. Unvermittelt ließ sie diese Maske wieder alleine und verschwand in der Menge.
Hatte sie diese Maske mit dem Vogelgesicht und dem langen Schnabel, er aus dem Gesicht ragte, nicht schon einige Male herum gewirbelt, um dann wieder in der Menge zu verschwinden?
Er war groß, sprach nicht viel, sie spürte nur einige Male seinen Atem, stoßweise an ihrem Hals und seine Augen brannten begehrlich aus der Maske. Mit seiner linken Hand berührte er während des Tanzes manchmal ihren Hals hin bis zum Nacken, sie mußte ihn abwehren. Eigentlich beschlich sie ein unheimliches Gefühl in seiner Gegenwart.

Völlig außer Atem lehnte sie sich dann an einen der Lichtmaste im Zentrum des Markusplatzes, mit Blick auf die Basilica di San Marco. Alles drehte sich um sie, sie konnte nur mehr Gestalten sehen, der Ton trat etwas zurück und sie schloß die Augen. Ihre Brust hob und senkte sich und sie glaubte aufzusteigen.
Sie war unglaublich erregt und trunken vom Fest der Farben und Sinne.
Als nun auch noch irgendwo Feuerwerk abgeschossen wurde und sich der Himmel in allen Farben darbot, fühlte sie sich endgültig emporgehoben.
„Hallo, schöne Colombine! Tanzen wir quer über den Platz?“ Eine dunkle Stimme hinter ihr riss sie aus ihren Gedanken.

Bevor sie noch etwas sagen konnte, nahm sie ein Conte, mit rotem Wams, goldenen Applikationen und schwarzer enger Hose, einem hohen Samthut mit breiter Krempe und einer weißen Maske, die nur den Mund frei ließ, in den Arm und flog mit ihr über den Platz. Sein Umhang wirbelte um sie beide herum. Das heißt, soweit es möglich war, da der Platz ja voller Menschen war.
Und wieder kam der Vogelgesichtige auf sie zu, der  ja eigentlich  einen Arzt aus dem Mittelalter darstellte und griff nach ihr.
Doch ihr Conte hielt sie in seinem Arm und stieß den Anderen weg. Sie schienen sich zu kennen.

 „Sie sind die schönste Colombine von Venedig! Drehen sie sich, springen sie, fliegen sie mit mir!“
Sie lag in seinen Armen und vergaß die Menschen ringsherum. Er hielt sie so fest in seinem Arm und sein Mund war so nahe an dem ihren, dass sie seinen Atem spüren konnte. Während sie über den Platz wirbelten, spürte sie plötzlich diesen kleinen Schmerz. Er hatte seinen Mund endgültig ganz nahe an ihren Hals gebracht und sie spürte nun wie er seine Zähne schnell und kräftig in ihr versenkte. Es liefen Schauer über ihren Rücken es schwindelte ihr, die Drehungen wurden immer wilder, und ihre Knie gaben nach, doch er hielt sie fest und verläßlich in den Armen.

Sie tanzten bis an  den Rand des Marcusplatzes  und sie sah, wie sich die Lichter im Wasser spiegelten und San Giorgio von drüben durch die Nebelschleier herüber blinkte. San Giorgio war in seltsames Licht getaucht und es schien ihr, als würden sie beide, in Begleitung des Vogelgesichtigen übers Wasser dorthin schweben, als Ziel die ebenfalls Venedig vorgelagerte größeren Insel Giudecca.

Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass sie nicht die Einzigen waren, losgelöst vom Trubel des Karnevals, die losgelöst von den Anderen über all diesem Trubel schwebten.
Alissa, die Freundin war aus ihrem Gedächtnis gelöscht, sie hatte sie vergessen. Sie klammerte sich an den Mann an ihrer Seite.

Vermeintliche Nebelschleier entpuppten sich als schwebende Gestalten, mit wallenden Gewändern, flatterndem Haar, langen begehrlichen Armen und glühenden Blicken. Der Marcusplatz und der Campanile waren schon weit weg, entschwanden im Nebel der Nacht. Es schwindelte ihr, doch sie wurde gehalten und getragen von starken Armen, eingehüllt in einen schwarzen Umhang, für alle Ewigkeit.


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