GEOUTET
von Joana Angelides
Ich habe schon seit
langem festgestellt, dass ich bisexuell bin.
Meine Ehe, hetero
natürlich, habe ich schon vor 20 Jahren geschlossen, meine Neigungen zu Homo-Partner habe ich heimlich gepflegt.
So was ist gar nicht
einfach und erfordert intensives Organisationstalent. Wer zählt die Ausreden,
nennt die erfundenen Überstunden, die ich meinem Eheweib servieren musste. Ich
frequentierte einschlägige Gay-Bars, oder riss so One-Day-Stand im Hallenbad
auf. Naja, man nimmt eben was man so kriegt im Leben.
Aber bisher waren es
immer nur so kleine Sprünge ans andere Ufer, flüchtige Abstiege in die Gärten
der homosexuellen Laster.
Aber als ich am
letzen Kostümball als Zarah Leander ging (wegen meiner tiefen, erotischen
Stimme), wurde alles anders. Ich traf
den Mann meines Lebens. Wir trafen an der Bar zusammen, blickten uns an und
wussten sofort, aus uns wird was.
Er war als Pirat
verkleidet, hatte Muskeln wie Henry Morgen war tätowiert und roch nach Meer und
Rum. Yohohoho! Er schwang seinen knackigen Po auf den neben mir freien
Barhocker und bestellte für mich und ihn selbst zwei Whiskys.
„Hallo, woher kommst
Du denn so plötzlich?“, seine Stimme war tief und rau
„Ich bin Zarah
Leander und komme aus Schweden!“, dann
prostete ich ihm zu.
„Zarah, Du bist
schlecht rasiert und Dein Adamsapfel geht rauf und runter“, lachte er mich an.
Inzwischen hatte ich
meinen Ehering vom Finger gezogen und im Ausschnitt verschwinden lassen. Der BH
war ausgestopft und fing ihn auf.
Wir vertieften unsere
Bekanntschaft weiters bei einer Flasche Champagner und diversen
„untergriffigen“ Berührungen unter der Bar und waren sofort Feuer und Flamme
füreinander.
Er erzählte mir, sein
Letzter war ein Latino, ein Feuerwehrmann. Der hat ihn aber dann mit dem
Bezirksvorsteher betrogen. Das war nun in der Folge ein sozialer Aufstieg für
den Feuerwehrmann, denn der Politiker hat sich, wie es nun ja modern ist, vor
einigen Wochen geoutet und hat sich mit dem Latino trauen lassen. Nun war er wieder auf der Suche und
so hat er mich gefunden.
Nun leben wir in
einer Demokratie und alle Menschen haben die gleichen Rechte. Die Psychologen
sagen, man soll seinen Neigungen immer nachgeben und seine Vorlieben ausleben.
Ich habe mich nun entschlossen, meine zwei Leben auszuleben. Ohne Zweifel
schwanken meine Vorlieben zwischen homo und hetero und daher habe ich das Recht
dies auch offiziell zu tun.
ICH DENKE DA AN
CONCHITTA UND DAHER IST ES MIR WURST, WAS SO MANCHE ANDERE DENKEN!
Vielleicht kann ich
auch einmal in Brüssel auftreten, muss ja nicht singen, kann ja auch eine
flammende Rede halten und für die sexuelle Freiheit eintreten.
Kurz und bündig, ich
bin nun aufs Standesamt gegangen und habe meine neue Partnerschaft offiziell
anmelden wollen!
Der Standesbeamte hat
mich entrüstet zurück gewiesen! Ich kann nur einmal verheiratet sein! Will ich
ja, einmal hetero und einmal homo!
Das hat ihn nicht
überzeugt, ich sei schließlich nur eine Person, Basta!
Nun werde ich zum
Psychiater gehen und mir Schizophrenie bescheinigen lassen! Es leben
schließlich doch offensichtlich auch zwei Persönlichkeiten in mir! Das
ist medizinisch erwiesen und wird sogar von der Krankenkasse anerkannt.
Meinem Hetero-Weib
ist es egal, sie besteht nur darauf, dass ich, wenn ich bei ihr bin, keine
Frauenkleider trage und Sie einmal meine Pension bekommt.
Also irgendwie hat
Sie sich dadurch aber auch geoutet, Sie dürfte einen Hang zum Partnerwechsel
haben. Wir könnten vielleicht einmal einen Single-Club besuchen?