Hemmungslose Passivität
von Joana Angelides
Lieber Freund,
Deine Frage, ob
ich schon einmal eine Beziehung mit einer Frau hatte, ist nicht so einfach zu
beantworten.
Ich denke, das
was mir passiert ist, kann man nicht so ohne weiteres eine Beziehung nennen.
Es waren vielmehr
zwei Wochen mit verwirrenden Eindrücken, die mehr Fragen als Antworten
auslösten.
Ich war ein
junges Mädchen, in einer Welt, wo Sexualität
allgegenwärtig war, Handlungen davon bestimmt wurden. Sah man eine Frau
mehrere Male mit einem Mann reden, oder gar in Gesellschaft eines Mannes aus
einem geschlossenen Raum heraustreten, so war scheinbar klar, dass sie
soeben...............
In einem
Kulturkreis, in dem die körperliche Liebe so unter Kontrolle der Allgemeinheit
gestellt wird, blüht natürlich die Fantasie und die Neugierde. Und der Reiz des
Verbotenen wird immer größer. Aber auch die Angst vor der eigenen Sexualität
und vor dem anderen Geschlecht.
Ich kann hier nur
von Griechenland sprechen, aber es ist sicher in vielen anderen Ländern so
ähnlich.
In einem
Mädchenpensionat, wo viele Mädchen mit ihrer Pubertät und der aufkeimenden
Sexualität weitgehendst alleine gelassen wurden, blühte natürlich die Fantasie
besonders. Viele Gespräche der Mädchen drehten sich um dieses Thema und es ist
nicht selten, dass Mädchen dachten, schon durch einen mehr oder minder
unschuldigen Kuss, könne man die Unschuld verlieren oder sogar ein Kind
bekommen.
Ja, damals, heute
nicht mehr, lach.
Jeden Sommer,
wenn die Ferien begannen, verließ ich das Internat um bei Freunden meiner
Familie in Griechenland zu wohnen, die mir nach dem Tode meiner Eltern zur
Familie wurden.
Eine wundervolle
Familie mit viel Liebe und Weltoffenheit. Doch auch sie mußten sich dem
allgemeinen Druck der Gesellschaft beugen und daher war Sexualität eben
eine geheimnisvolle Sache, lach
Da gab es aber
diese Tante. Eine schillernde Persönlichkeit, die mich immer an die Operette
„Das Feuerwerk“ erinnerte. Sie war meist in Europa unterwegs, hatte wechselnde
Liebhaber und scherte sich keinen Deut um die Meinung der Leute, schon gar
nicht um die der eigenen Familie.
.
Auch ihr lag,
nach eigenen Angaben, halb Europa zu
Füßen, besonders der männliche Teil!
Wenn sie nun auf
einige Tage oder Wochen auf Besuch kam, waren immer schon alle neugierig, was
es Neues gab und welchem ihrer Liebhaber sie inzwischen den Laufpaß gegeben
hatte.
Auch als ich schon dem Internat und der Schule entwachsen
war, gehörten meine Sommer der Sonne und
dem Meer in Griechenland und da gehörte auch diese so unmoralische,
geheimnisvoll-verdorbene Tante dazu.
Man muss auch
wissen, dass die Zeit nach dem Mittagessen immer der Mittagsruhe gehörte. Alles
zieht sich in seine Räume zurück, schließt die Sonnenblenden und ruht.
Diese Zeit habe
ich oft dazu benutzt, das Badezimmer für
mich zu annektieren, Körper- und Schönheitspflege zu betreiben und der Hitze
des Tages zu entgehen. Damals hatten nur wenige Klimaanlagen.
Als ich nun eines
Tages ganz gedankenverloren unter dem Strahl der sehr lauwarm eingestellten Dusche
stand, klopfte sie zaghaft an und
fragte, ob sie ganz kurz herein dürfe.
Ich bejahte und
sie stand plötzlich im Raum, mit nur einem sehr kleinen Slip bekleidet, offenem
Haar und einem netten Lächeln im Gesicht.
Ich hatte mich instinktiv umgedreht und ihr meinen Rücken zugedreht.
„Verzeih`, ich
gehe gleich wieder, habe nur was vergessen. Oh soll ich dir den Rücken
waschen?“
Ohne meine
Antwort abzuwarten ergriff sie den Schwamm von der Ablage, gab Seife darauf und
begann meinen Rücken in gleichmäßigen, langsamen Bewegungen zu waschen.
Sie machte es
sehr intensiv, aber beklemmend langsam. Sie hörte auch nicht am Rückenende auf,
sie glitt weiter zu meinem Po, glitt nach vorne zu meinen Schenkeln und wie
zufällig strich sie auch dazwischen, glitt nach oben über den Bauch und endete
immer wieder an meinen Brüsten.
Ich stand, wie in
einem Traum isoliert, bewegungslos da und genoß mit geschlossenen Augen diese
Berührungen. Ich mußte mich an der Wand mit den Händen abstützen, meine Knie
gaben irgendwie nach und dadurch bot ich meinen Körper fast schutzlos dar.
Sie griff zur
Brause und begann mich, ohne mit dem
Schwamm zu unterbrechen abzubrausen. Richtete die Strahl immer wieder auf meine
langsam sehr hart werdenden Brustspitzen. Im Rückblick wundere ich mich, wieso
es keine Abwehr von meiner Seite gab. Doch war ich in diesem Moment von den auf
mich einstürmenden Gefühlen wie gelähmt. Ich höre mich heute noch tief seufzen,
leise und wohlig zu stöhnen.
Unser Badezimmer
in Athen war sehr groß, hatte eine große Wanne, eine Dusche und ein Liegebett
in der Ecke, mit einer weichen Auflage und einem Frotteepolster. Auch ein
großer Waschtisch mit angeschlossenem Schmink und Spiegeltisch war da. Es
standen Cremen und Tiegeln, Öle und Duftstoffe herum, die Laden waren voll mit
allerlei Krimskram.
Sie drängte mich
zum Liegebett und als ich etwas fragen wollte, hielt sie mir geheimnisvoll ihre
Hand vor den Mund und bedeutete mir, nicht zu sprechen.
Im Haus war es
ruhig, ich kam mir wie Dornröschen im verwunschenen Märchenschloß vor und ergab
mich.
Sie nahm einer der Massageöle vom
Spiegeltisch, veilchenduftend und leicht
zu verteilen. Sie begann meine Haut damit einzuölen und umkreiste immer wieder
meine Brüste, meinen Nabel und rückte unaufhaltsam aber stetig immer näher an
mein Lustzentrum. Ich dachte in diesen Minuten, dass das Öl mit tausenden
aufgeschreckten Ameisen kombiniert sein muss, alles begann zu kribbeln. Ich
mußte meinen Mund leicht öffnen und zog die Luft zwischen den Zähnen zischend
ein. Sie schob mir das Frotteepolster
unter den Po und drängte meine Beine auseinander.
„Komm, öffne
deine Beine, ich will sie sehen, deine Pforte zum Paradies. Will sie umkreisen,
dich seufzen hören. Wir sind hier ganz alleine, keiner stört uns“, flüsterte
sie.
Bevor ich antworten
konnte, hatte sie bereits meine Schamlippen auseinander gedrückt und begann
langsam mit den Fingern dazwischen zu kreisen und mich dabei anzulächeln. Alles
erschien mir normal, logisch und selbstverständlich. Mit einer Hand kreiste sie
weiter und mit der anderen Hand suchte sie jenen Punkt der mir den Verstand
raubte, der hart und erregt hervor trat, der den Körper fast zum Bersten
brachte, und tiefe Signale durch die Tiefe meiner Empfindungen jagte. Sie nahm
diesen Punkt zwischen drei Finger, glitt nach oben und unten, drehte und
bewegte ihn bis ich vor Lust fast das Bewußtsein verlor.
Tausend Sterne
umkreisten mich, langsam begann mein Körper zu kochen. Es war wie bei siedendem
Wasser, langsam begann alles zu summen, Luftperlen stiegen auf, bis es zu
sprudeln und endlich zu kochen begann.
Rückblickend weiß
ich, dass sie eine sehr erfahrene Frau war, einfühlsam und genießerisch. Sie
genoss meine Hilflosigkeit, mit der ich diese Wellen von kleinen, den großen
und ultimativen Orgasmus vorbereitenden Orgasmen, über mich ergehen ließ. Sie
verstärkte ihre Bemühungen noch, indem sie sich über meine Brüste beugte und
die Spitzen mit ihrer Zunge umrundete. Mit tausend Zungen.
Irgendwann verlor
ich die Kontrolle über meinen Körper, er begann zu zittern, zu vibrieren.
Plötzlich in
diesem Gefühlschaos spürte ich ihre langen, schlanken Finger in mich
eindringen, sich bewegen und zu drehen und
meine Wahrnehmungsfähigkeit nahm zu, sie war derart geschärft, dass ich
jeden Herzschlag, jeden Pulsschlag hörte, das Rauschen des Blutes in meinem Ohr
wie einen Wasserfall wahrnahm. Die Explosionen in meinem Unterbauch erlebte ich
wie in Trance, die alles verzehrende Glut, die den Körper erfaßte verbrannte
mein Bewußtsein. Wie gerne hätte ich geschrieen, geschrieen wie auf einer
einsamen Bergspitze. Doch ich hatte Angst vor dem Echo, dass mich jemand hören
würde, ich öffnete meinen Mund weit, nur leise Töne entwichen stoßweise.
Es war eines der
intensivsten Erlebnisse, welches ich damals
über lange Jahre hinweg hatte.
In den nächsten
beiden Wochen ihres Besuches kam es noch zweimal zu einer Begegnung zwischen
uns, jedes Mal im Badezimmer und jedes Mal schweigend, als hätten wir das
vereinbart. Meine zaghaften, suchenden Berührungen auf ihrem heißen, erregten
Körper quittierte sie mit immer intensiveren Erkundigungen meiner Empfindungen.
Als sie abreiste,
gab sie mir einen Kuss auf die Wange, stupste meine Nase und lächelte mich an.
Sie ließ mich
verwirrt und voller Schuldgefühle zurück. War ich nun lesbisch oder nicht?
Würde ich jemals wieder mit einem Mann schlafen wollen?
Während meines
Urlaubes verblaßte das Erlebte wieder und ich begrub es in meinem
Unterbewußtsein. Es weckte jedoch das Bewußtsein für meinen Körper, ließ mich
neugierig werden und veranlaßte mich, ihn ein wenig mehr selbst zu erforschen.
Siehst du, mein
Freund, das war mein einziges, einseitiges lesbisches Erlebnis. Vielleicht kam es
deswegen nie wieder dazu, weil ich nie wieder einer so erotischen Frau begegnet
bin.
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