Samstag, 28. Juni 2014

EHE ZU DRITT, Satire



Ehe zu Dritt

von Joana Angelides

 

Das Eheleben mit Max war eigentlich gar keines. Ich wußte es, nur Max wußte es nicht. Er schien rundum zufrieden zu sein.


 Wir hatten eine Ehe zu dritt,  Ich, Max und die Langeweile.

Max war schon immer so prüde. Nicht nur, dass er das Licht im Schlafzimmer abdrehte, wenn er einmal Lust hatte. Lust auf  zehn Minuten in Missionarstellung und dann ab ins Badezimmer, immer alles unter totalem Schweigen.
Versuche, darüber zu reden, würgte er immer ab.
`Was soll man da noch sagen, es ist geschehen und darüber braucht man nicht lange zu reden,! ` sagte Max dann immer  und schlüpfte unter die Decke.

Dabei begann es sehr romantisch und auch mit gewisser Leidenschaft, vor zwanzig Jahren. Doch die Gewohnheit, der Alltag oder sonst was, haben sich eingeschlichen und unsere Begegnungen im Bett wurden immer seltener, bis wir uns, auf mein Drängen, doch auf einen Tag in der Woche einigten. Wenn nichts dazwischen kam.

Das konnten so Faktoren wie Müdigkeit, Besuch,  mitgebrachte Arbeit sowie alles, was die magische Grenze von 22.ooh überschritt, sein.

Diese magische Grenze von 22.ooh hat Max für unsere eheliche Zweisamkeit festgelegt. Vielleicht lag es daran, dass Max nach 22.ooh nicht mehr konnte oder wollte. Auch  nicht im Dunkeln.

Seit einigen Wochen nun kenne ich Peter. Peter kenne nur ich, Max kennt ihn nicht.
Peter hat die neue Zahnarztpraxis meines pensionierten Zahnarztes übernommen.
Es funkte bereits bei der ersten Behandlung zwischen uns. Ich saß, nein lag halb in dem Stuhl, mit weit geöffnetem Mund, er beugte sich über mich und unsere Blicke trafen sich. Mein Blick war ängstlich und fragend, sein Blick überrascht und forschend zugleich.

Ich spürte seine unmittelbare Nähe, roch sein dezentes Rasierwasser und seine  männliche Ausstrahlung faszinierte mich. Er war mit dem pensionierten Zahnarzt in keiner Weise zu vergleichen.

„Tut das weh?“
Nein mir tat nichts weh, aber der Raum drehte sich irgendwie um mich und schien zu zittern.

Immer wieder versenkte er seinen Blick in mir und ich begann leicht zu vibrieren. Das Taschentuch in meiner Hand war nur mehr ein Knäuel aber der einzige Punkt an dem ich mich anhalten konnte.

Seine Augen waren blau.

„Sie waren eine wunderbare Patienten. Ich will nur noch ganz sanft ihren Zahnbelag entfernen. Ich werde leicht darüber streichen um den äußeren Wall zu lösen und den darunter liegenden Zahn freilegen.“

Ja, genau das war es. Den äußeren Wall freilegen um an das darunter liegende zu kommen. Ich schloß die Augen und spürte seine sanften Fingerkuppen an meinen Lippen.

Das leise Surren seines Apparates beruhigte mich, obwohl die Vibrationen durch meinen Körper hindurchgingen. Es war ein intensives Gefühl, er drang dabei sehr vorsichtig ganz bis nach rückwärts ein, bis er anstieß. Dort verweilte er eine Weile rotierte mit dem Stab und seine Augen hielten meinen Blick fest, um meine Reaktionen zu sehen und um sie richtig deuten zu können.
Er kam dann ein wenig nach vorne und bearbeitete jeden einzelnen Punkt mit sehr viel Hingabe um dort,  wo ich zusammen zuckte, eine Weile zu verweilen und dann wieder, mit Druck auf die andere Seite meiner Höhle ganz rückwärts, weiterzumachen.
Es machte mich halb verrückt, aber ich genoß es. Es schien eine Ewigkeit vergangen  zu sein, als er sich wieder zurück zog und mich anlächelte.

Inzwischen mache ich zwei mal wöchentlich Hausbesuche bei meinem Zahnarzt, immer nachmittags nach der Ordination, da ich ja eine Privatpatientin bin.

Er untersucht dann jeden Punkt sehr genau, bohrt, wenn es ihm opportun erscheint, poliert an manchen Stellen mit einer Hingabe, die mich erschauern läßt und versenkt seinen Blick immer in dem meinen, um meine Reaktion zu kontrollieren.

Wir haben diese Besuche inzwischen in seine Privaträume verlegt und haben die Termine auf Wochen im voraus festgelegt.
Dort gibt es kein Tabu, es ist immer hell, die Teppiche weich, die Polster sinnlich, prall gefüllt, mit kleinen zarten Glöckchen an den Ecken.
Er flüstert mir  beruhigende, manchmal aufregende Worte ins Ohr. Er fragt nach meinen Empfindungen, will wissen, ob es hier oder dort auch angenehm ist, ob mir seine Behandlung zusagt. Manchmal kann ich nur nicken, manchmal mit offenem Mund  nur leise Laute ausstoßen, wenn er  sich besonders intensiv mit mir beschäftigt.
Wenn es besonders lange gedauert hat, dann bleibe ich noch eine Weile und er versucht mich zu beruhigen.

Wir haben nun tatsächlich eine Ehe zu Dritt. Ich, Max und Peter, der die Langeweile vertrieben hat.




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