KONZERT MIT
CHR.
von JOANA ANGELIDES
Das
Konzert war total ausverkauft. Die Musiker waren erwartungsgemäß erstklassig
und die Musik lag über dem Saal, wogte hin und her und zog die Menschen in
ihren Bann.
Sie
saß eine Reihe, zwei Sitze, links versetzt vor ihm und hatte den Kopf etwas
geneigt. Sie hatte die Haare mit zwei
Kämmen gebändigt und hochgesteckt, doch
im Nacken kringelten sie sich widerspenstig. Wenn sie den Kopf etwas bewegte, verfing sich
das Licht der Notbeleuchtung darin und zauberte goldene Effekte. Das Spiel des
Lichtes auf ihrem Nacken war erregend und ließ seiner Fantasie freien Lauf. Er
stellte sich vor, wie er diese kleinen Haarlocken über seinen Fingern aufrollen
und wieder los lassen würde und dabei
ihren Nacken berühren konnte. Nach
einigen vergeblichen Bemühungen, seinen Blick und seine Gedanken los zu reißen,
gab er diesen Versuch auf und ließ die Musik und seinen verträumten Spielereien
freien Lauf.
Sie
spürte seinen Blick und wandte ihm plötzlich ihr Gesicht zu. Er war betroffen
von der klassischen Schönheit dieses Gesichtes.
Das hellblonde, dichte Haar türmte sich über der hohen, klaren Stirne und endete seitwärts in einer tiefen
Welle. Sie trug nur auf einer Seite einen langen Ohrhänger und unterbrach damit
die Symmetrie. Das Oval ihres Gesichtes war von klarer Ebenmäßigkeit.
Sie
blickte ihn mit großen Augen fragend an und dabei konnte er sich in das tiefe Blau ihrer Iris
verlieren.
Ihre
Blicke trafen sich einige Sekunden lang,
dann drehte sie ihren Kopf wieder nach vorne und blickte ins Orchester. Doch er
spürte ihre Unruhe, merkte die Aufmerksamkeit, die er bei ihr erweckt hatte. Es
erregte ihn. Sie hielt den Kopf ein
wenig höher und richtete ihre Blicke nun
demonstrativ nach vorne. Sie konnte es jedoch nicht verhindern, dass sie
abschweiften und so konnte sie seine faszinierte Aufmerksam an ihrer Person
sehr wohl bemerken. Zu seinem Entzücken registrierte er, dass eine feine Röte
ihren Hals aufwärts stieg und sich über das gesamte Gesicht verbreitete. Sie
wurde zusehends nervöser und befeuchtete mit ihrer Zungenspitze hin und wieder
ihre Lippen, was ihn nun wieder völlig aus der Fassung brachte.
Die
Musik brandete auf und die Schlussakkorde des Orchesters vermischten sich mit
dem Brausen in seinem Inneren und vermischten sich zu einer Symphonie.
Das
Orchester bekam standing-ovations, die Masse der Zuhörer kam in Bewegung und er
hatte Mühe, sie nicht aus den Augen zu
verlieren. Sein Blick suchte ihren blonden Haarschopf und so konnte er ihr bis
zur Garderobe folgen.
An
der Garderobe war das Drängen der
Menschen wie immer nervend und bis er zu seinem Mantel kam, hatte er sie in der
Menschenmenge verloren.
Er
gestand sich ein, dass er enttäuscht war, fragte sich jedoch gleichzeitig, ob
sie sich wohl ansprechen hätte lassen.
Er
verließ die Konzerthalle und schlug den Mantelkragen hoch, es regnete in
Strömen. Die Menschen liefen eiligst zu den bereit stehenden Taxis, oder zu
ihren Autos, manche hatten Schirme mit und kämpften mit der Tücke der Technik.
Es
hatten sich große Lachen am Boden gebildet und die vorbei fahrenden Autos
spritzten wahre Fontainen in seine Richtung. Nur mit einem Sprung konnte er
sich wieder zurück auf den Gehsteig retten, als eine große Limousine von links
kam und abbremste.
„Tut
mir leid! Steigen sie ein, sie sind ja schon völlig durchnässt!“
Eine
schlanke Hand hielt die rechte Vordertüre auf und er blickte in das
wunderschöne Gesicht der verloren geglaubten Blondine. Er war so verblüfft,
dass er nicht sofort reagierte.
„Schnell,
ich kann hier nicht so lange stehen bleiben!“
Auf
ihre neuerliche Aufforderung hin, überlegte er nicht lange und nahm ihre
Einladung an.
Er
schlug die Autotüre zu und richtete seinen Mantelkragen. Er blickte sie von der
Seite an und stellte fest, dass auch ihr Profil klassisch schön war und durch
die aufgesteckte Haarpracht erst so
richtig zur Geltung kam. Die gerade Nase und der schöne Schwung ihrer
Augenbrauen vervollständigten den Eindruck einer antiken Büste aus Alabaster.
Das Bild wurde nur durch die widerspenstigen kleinen gelockten Strähnchen im
Nacken etwas aufgelockert.
„Sie
hatten doch ihren Platz eine Reihe hinter mir?“ Für einen Moment ließ sie den
Blick von der Straße, um ihn voll anzublicken.
„Ja
und ich konnte meinen Blick von ihrem bezaubernden Nacken keinen Moment lösen!“
Er
erschrak über die Freizügigkeit seiner Rede.
„Ich weiß.“ Sie lächelte leicht und dieses
Lächeln machte ihn verrückt.
Was
war nur los mit ihm, und vor allem mit dieser Frau? Sie waren sich völlig
fremd, sie lud ihn zu einer Autofahrt ein und
er nahem ohne nachzudenken an. Nun fuhren sie schon eine ganze Weile
durch die nächtliche Stadt, die Lichter spiegelten sich im Asphalt und er hatte
keine Ahnung, wohin sie ihn fahren würde.
Doch
es war ihm völlig egal! Er genoss ihre Nähe, das geheimnisvolle Lächeln in
ihren Mundwinkeln und die Ungewissheit.
„Haben
sie heute noch was vor?“ Wieder wendete sie ihren Blick von der Straße und
blickte ihm voll ins Gesicht.
„Außer
mit ihnen durch die Nacht zu fahren, ihre Gesellschaft zu genießen und zu
hoffen, dass diese Nacht nie wieder zum Tag wird, habe ich Nichts vor.“
„Ich
weiß, es war ungewöhnlich sie einfach von der Straße aufzulesen, doch es ist
eine besondere Nacht und ich möchte sie nicht alleine verbringen. Haben sie
Lust sie mit mir zu verbringen?“
„Ich
bin zu allem bereit, wenn ich nur in ihrer Nähe sein kann und das ist nicht
gelogen!“
Diesmal
sah er sie voll an und wieder stieg diese leichte Röte von ihrem Hals auf und
breitete sich über ihr ganzes Gesicht aus, die ihn so die Fassung raubte.
Der
Wagen wurde langsamer und sie bog in eine große Einfahrt ein, das Tor war weit
geöffnet, schloss sich jedoch hinter ihnen automatisch.
Sie
bremste unter einem großen Vordach ab und stellte den Motor ab.
„Wir
sind da! Ein Drink in meinem Salon?“
Er
war schon ausgestiegen, um den Wagen herum geeilt und hielt ihr die Autotüre
auf.
„Darf
ich bitten?“ Sie stieg aus und er hielt ihre Hand. Es war eine kleine zarte
Hand, doch ihr Griff war fest und hart.
„Danke,
hier ist der Schlüssel, bitte gehen sie vor.“
Er
schloss auf und sie standen in einer sehr großen Eingangshalle, die in einen
eben so großen Raum, halb Bibliothek, halb Salon, überging. Zwei wuchtige
Ledergarnituren beherrschten den Raum völlig, die Bücher auf der einen Seite
bildeten den Abschluss und flössten Respekt ein.
Achtlos
ließ sie den Mantel, den sie nur über den Schultern trug auf den Boden fallen
und verwehrte ihm mit einer Bewegung, ihn wieder aufzuheben.
Sie
ging auf dem direkten Wege zur Bar und setzte sich auf einen der Barhocker. Er
trat hinter die Bar und sah sie fragend an.
„Einen
Margarita, bitte!“
Nach
einigen Orientierungsblicken mixte er ihr den
Drink und nahm sich selbst einen Whisky on the Rock.
Sie
trank den Margarita halb aus und fasste sich dann an ihren Kopf und löste mit
zwei Handgriffen die Kämme und die ganze Haarpracht fiel auf ihre Schultern. Er
starrte sie an. Sie sah bezaubernd aus. Das hellblonde Haar umrahmte ihr Gesicht, eine Strähne fiel
ihr in die Stirne und sie beließ sie dort.
In
Gedanken versenkte er seine Finger in dieser Haarpracht und schloss für einen Moment seine Augen, um sich nicht
zu verraten.
Nach
dem dritten oder vierten Margarita, erzählte sie ihm, dass sie die Tochter
eines hohen Diplomaten war, derzeit auf Kurzurlaub in der Stadt und dieses Haus
die Villa eines befreundeten Ehepaares war, die ihr zur Verfügung stand.
„Wollen sie mit mir schlafen?“
Die Frage kam so unvermittelt, dass er sie sprachlos
anstarrte.
„Finden sie mich nicht sexy, nicht erotisch genug?“
„Doch, ich kann die ganze Zeit an nichts anderes
denken!“ Er hatte einen Frosch um Hals.
„Ich weiß,“ sie lächelte mit halb geschlossenen
Augenlidern, „ich auch nicht!“
Sie reichte ihre Hand über die Theke und führte ihn an
das Ende der Bar.
„Ziehe deine Schuhe
aus! Ich liebe es barfuss zu laufen, man spürt dann den Boden besser auf dem
man sich bewegt.“
Also, in diesem Moment bewegte er sich auf glattem
Boden, unsicher und fremd.
Er zog seine Schuhe aus und ließ sich von dieser
bezaubernden Frau zu der Treppe führen, die nach oben ging. Sie öffnete ihren
engen Rock seitwärts, dann die Bluse und ließ alles achtlos fallen. Er stieg
einfach darüber und ließ sich von ihr nach oben ziehen. Am Ende der Treppe war
sie plötzlich splitternackt.
Er hatte inzwischen seine Krawatte gelöst und sie
ebenfalls fallen lassen. Ebenso alle anderen Kleidungsstücke. Ihre seltsame,
fast unwirklich Art führte ihn in einen unbewussten Trance-Zustand.
Als er am Ende der Treppe ankam, war auch er
splitternackt und es war ganz selbstverständlich.
Ihre beiden Körper zogen sich an und es war ihm, als
gäbe es ein Klicken, als sie sich gegenseitig berührten.
Die Impulse gingen eindeutig von ihr aus, sein Körper
wurde durchflutet und elektrisch aufgeladen und sie verschmolzen zu einer
zitternden, fließenden Masse, die untrennbar verbunden war. Die Konturen
verschwammen und sie nahmen sich gegenseitig in sich auf, bis sie zu einer
einzigen lodernden Flamme wurden.
Eine Flamme, die stundenlang nicht erlöschen konnte,
sich immer neu entzündete. In seiner Fantasie sah er wogende Kornfelder, sich
wiegende Felder von Sonnenblumen, die bis zum Horizont reichten.
Ihr Flüstern war wie der Hauch des abendlichen Windes,
es wurde zu einem Sturm und die Nacht umhüllte sie mit dunklem Samt.
3 Als er aufwachte, lagen die Sonnenstrahlen schon
auf dem elfenbeinfarbenen Teppichboden, es sah undeutlich seine herumliegenden
Kleidungsstücke .Die seidenen Lachen fühlten sich kühl an, der Duft von
Veilchen lag in der Luft.
Er richtete sich auf und sein
suchender Blick fiel auf den Platz neben ihm. Er war leer.
Die halb offene Türe dort
musste das Bad sein. Er drückte die Türe auf und blickte in ein luxuriös
eingerichtetes, in Weiß und Gold gehaltenes Bad. Er sah sofort die am Boden
liegenden Handtücher, sie waren sicher von ihr.
Es lag noch ein Stapel von
frischen Handtüchern herum, er band sich ein Badetuch um und ging auf die Suche
nach .....
Nun fiel ihm zum ersten Male
auf, dass er nicht einmal ihren Namen wusste.
Er lief die Treppe nach unten
und ließ sich vom Duft frischem Kaffee leiten, der ihn direkt in die Küche
führte.
In der Küche war ein
ausgiebiges Frühstück angerichtet, für eine Person. Der Kaffee stand auf der Wärmeplatte. Das rote Lämpchen
starrte ihn an. Von IHR war nichts zu
sehen.
Neben der Kaffeetasse lag ein
Blatt Papier, auf dem stand:
ES WAR WUNDERBAR MIT DIR! WENN
DU GEHST, ZIEHE BITTE DIE TÜRE FEST INS
SCHLOSS. CHR.
An diesem Tag notierte er in
seinen Kalender im Büro am Vortag:
KONZERT MIT CHR.
e-Books
Es gibt zahlreiche
Kurzgeschichten, einige Romane und Gedichte von mir! Fast alles in e-Books
zusammengefasst! Großes Lesevergnügen um wenig Geld!
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