Der vergebliche Versuch
auszusteigen.
von Joana Angelides
Endlich hatte ich den
Mut gefunden und bin ausgestiegen. Der Entschluß stand schon lange fest. Ich
hatte nur eine Insel gesucht mit weichem weißen Sand, Palmen und freundlichen,
fröhlichen Menschen drauf
Nun habe ich sie
gefunden.
Meine Tage waren
ausgefüllt mit langen Strandspaziergängen, sich im Wasser treiben lassen.
Jeden Morgen war ich
zeitig am Strand und schaute den Männern zu, wenn sie mit ihren Booten
hereinkamen, die voll mit frisch gefangenen Fischen waren. Sie sangen, während
sie sie ausluden und in die Körbe legten, die von den Frauen am Strand
niedergelegt wurden.
Es waren immer mehr
Fische, als sie an diesem Tag brauchten, den Rest konservierten sie.
Sie ließen sie in der
Luft trocknen oder verwendeten Salzfässer. So hatten sie immer Reserven.
Spielerisch umringten
sie die Kinder und halfen dann die Boote an Land zu ziehen. Unter lebhaftem
Geplauder und Lachen erreichten sie dann das kleine Dorf und verschwanden in
ihren Hütten.
Ich aalte mich
genüßlich im Sand und beobachtete die Möwen, wie sie ihre Kreise zogen. Gegen
Mittag ging ich dann ebenfalls in das Dorf um an dem gemeinsamen Mahl
teilzunehmen. Meine Leistung in dieser Gesellschaft war die des Erzählers und
Spaßmachers. Nach dem Essen erzählte ich dann immer Geschichten aus meiner
Welt, weit weg, über dem Ozean, die das ganze Dorf köstlich amüsierte.
Einmal im Monat kam
ein Schiff vorbei, die "Sweet Dolly", das einige Waren verkaufte, die
Post brachte. Mit dem Kapitän, einem Iren, hatte ich mich inzwischen auch
angefreundet. Schuld daran war eine Flasche Whisky, geleert an einem windigen
Abend in seiner Kajüte.
Eines Tages überlegte
ich, so in die Sonne blinzelnd, daß es sich doch rechnen würde, die
überzähligen Fische, anstatt zu konservieren, diesem Schiff mitzugeben und sie
weiter zu verkaufen. Dann könnten die Menschen hier Dinge kaufen, die ihnen das
Leben leichter machen würde.
Ich beschloß, am
nächsten Tag mit dem Kapitän darüber sprechen. Das Schiff war schon überfällig.
Langsam kommt die
"Sweet Dolly" um die kleine Spitze der Insel herum und steuerte dem
Steg zu. Alle Kinder standen wie immer dort und winkten laut schreiend dem
Kapitän zu. Er hatte immer ein paar Süßigkeiten für sie parat und warf sie
ihnen dann zu.
Heute bringt das
Schiff nur ein paar Säcke mit Salz, Medikamente für den Dorfältesten und Post,
aber auch einen Transistor Radio mit Batteriebetrieb für mich. Eigentlich
wollte ich nie wieder etwas von der Welt da draußen hören, doch irgendwie hat
diese totale Abnabelung von meinem bisherigen Leben Unruhe in mir erzeugt. Ich
wollte nun wenigstens hören, was sich so in der Welt tut, ganz passiv
natürlich, ohne selbst daran teilzunehmen.
Ich besprach dann mit
dem Kapitän meinen Plan betreffend den Verkauf der Fische und er erklärte sich
bereit, natürlich gegen einen kleinen Obolus, das für uns abzuwickeln. Nun
mußte ich nur mehr die Leute im Dorf davon überzeugen. Es soll ja zum Vorteil
für alle werden.
Die Nacht kam ganz
plötzlich, wie immer hier mitten im Ozean. Die Sonne versank und es breitete
sich eine wunderbare, laue Nacht über uns aus.
An diesem Abend hörte
ich seit Monaten wieder einmal die Stimme der weiten Welt. Außer mit dem Kapitän
hatte ich ja keine Gelegenheit mit jemand in meiner Sprache zu sprechen.
Das kleine Feuer vor
der Türe meiner Hütte flackerte und knisterte und ich hörte Nachrichten und
anschließend Musik. Ich konnte nicht verhindern, daß eine einzelne Träne über
meine Wange lief. Ich hatte es mir doch einfacher vorgestellt, einfach
auszusteigen und mit dem Leben dort in der Welt abzuschließen.
Vertraute Gesichter
tauchten plötzlich auf, Plätze und Orte vermischten sich zu einem Traum.
Plötzlich horchte ich
auf. Es war laut und dröhnend, es war die Stille auf der Insel. Immer am Abend,
wenn alle vor den Hütten saßen, hörte man ihre Gesänge, das übermütige
Geschnatter der Frauen. Heute war es totenstill.
Ich trat vor meine
Hütte und blieb wie angewurzelt stehen. Alle standen da und schauten neugierig
und verwundert zu mir hin. Es waren die Geräusche aus dem neuen
Transistorradio, die sie angelockt hatten.
Mit einer
Handbewegung verscheuchte ich sie und ging wieder hinein und drehte das Ding
ab.
Die Vorstellung
meiner Ideen fiel bei den Dorfältesten auf fruchtbarem Boden. Sie konnten sich
mit dem Plan anfreunden, die überzähligen Fische auf den Nachbarinseln zu
verkaufen und dafür andere nützliche Dinge für den Eigenbedarf entweder
einzutauschen oder eben zu kaufen und sich von dem Schiff bringen zu lassen.
Die folgenden Wochen
waren geprägt von großen Veränderungen. Es mußte ein schattiger Lagerraum
gebaut werden um die Fässer mit den eingesalzenen oder getrockneten Fischen
auch zu lagern. Sie bemühten sich nun auch, noch mehr Fische zu fangen, um eben
das Lager wachsen zu sehen.
Sie bauten eine
kleine Straße quer durch das Dorf, indem sie den Boden mit Lehm bestrichen und
dann fest traten.
Alles mußte schnell
gehen, auch die Fische mußten rasch verarbeitet werden.
Leider hörte man sie
immer weniger singen, vielmehr riefen sie sich aufmunternde Befehle zu.
Eines der ersten
Dinge, die sie beim Kapitän bestellten, war ein Transistorradio. Da saßen sie
dann am Abend und hörten mit Begeisterung zu. Sie verstanden kein Wort und die
Musik war auch nicht ihre Richtung. Aber es war laut und auf der ganzen Insel
zu hören.
Die leisen
melancholischen Gesänge, die ich so liebte, hörte ich nie wieder.
Der Handel florierte,
es kamen dann auch noch Korbwaren dazu, die sie dem Kapitän mitgaben. Sie
bekamen dafür unter anderem ganz scheußlich aussehende T-Shirts, die er auf der
Hauptinsel einkaufte. Das Schiff kam nun zweimal im Monat und brachte all diese
Dinge mit.
Und plötzlich hatte
ich den Wunsch, ein Handy zu besitzen. Ich könnte es dem Kapitän sagen, er
würde es mir beim nächsten Mal mitbringen. Es traf mich wie ein Paukenschlag.
Ich habe die Insel
nun verlassen, bin wieder zurückgekehrt in die Welt, die ich vor Monaten
verlassen hatte.
Ich bin erschüttert
und enttäuscht. Wo gibt es schon eine Insel, wo man in Frieden leben kann?
Es gibt zahlreiche
Kurzgeschichten, einige Romane und Gedichte von mir! Fast alles in e-Books
zusammengefasst! Download von amazon, Thalia Libri und allen Großhändlern!Großes
Lesevergnügen um wenig Geld!
Auch
über http://www.bookrix.de/-joanavienna/
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen