Eine
Sinnesfreude für Gaumen und Seele
von Joana Angelides
Es hätte eine Geschäftsreise werden sollen, wie viele schon davor.
Doch es wurde eine Reise in die Wunderwelt der Genüsse, in jeder Beziehung.
Als ich nach der nicht endenwollenden Besprechung in den klimatisierten
Räumlichkeiten der Borrows AG in Tunis in mein Hotel zurück kehrte, genügte
schon die kurze Fahrzeit im Taxi um mir den Schweiß aus allen Poren zu treiben.
Ich wollte meine Kleidung wechseln,
sehnte mich nach einer Dusche, und wollte dann die kühle Hotelbar aufsuchen.
In meinem Zimmer angekommen, befreite ich mich von der einengenden
Krawatte, dem Rest meiner Kleidung und genoss die kühle Dusche.
Eingehüllt in einen angenehmen, weichen Bademantel ließ ich mich auf das
bereits aufgedeckte breite Bett fallen griff nach dem Telefon und bestellte mir
einen Drink in der Rezeption.
Der Abend schien einsam zu enden.
Da bemerkte ich das Prospekt. Es war mehr ein zweifacher Folder eines
einheimischen Restaurants mit einer handschriftlichen Notiz versehen.
`Wollen Sie einen wunderbaren Abend verbringen, ein mehrgängiges Menü
genießen, an das sie noch lange denken werden? ´
Darunter stand eine Telefonnummer.
Ich überlegte und drehte den Zettel langsam hin und her. Eigentlich war das
eine seltsame Einladung, war mein erster Gedanke. Doch dann gewannen die
Neugierde und mein Hungergefühl.
Ich wählte die angegebene Telefonnummer und es meldete sich eine weiche,
sanfte weibliche Stimme.
„Sie sprechen Wünsche aus und wir erfüllen Sie, wir servieren unsere Menüs,
wo und wie Sie es wollen!“
„Sie servieren in meinem Hotel, direkt auf meinem Zimmer?“ Ich war
überrascht und erfreut.
„Ja, nennen Sie mir das Hotel und Ihre Zimmernummer und wir überraschen
Sie!“
„Grand-Hotel du Lac, in der City, Zimmer 503, “ kam es prompt aus meinem
Mund.
„Ja, kenne ich“, hauchte sie, „es ist die am Kopf stehende Pyramide! Wir
können Ihnen drei Variationen anbieten.
Das erste Menü heißt „Liebesnächte im Rosengarten“, Das zweite Menü heißt
„Warmer Wüstenwind“ und das dritte Menü „Schwüle Düfte“. Für welches haben sie
sich nun entschieden?“
Ich entschied mich für „Warmer Wüstenwind“ und sie bat um eine Stunde
Wartezeit.
Ich überbrückte die Zeit, indem ich es mir auf dem breiten Bett bequem
machte und die gedämpften Geräusche, die durch die offene Balkontüre
hereindrangen, genoss. Inzwischen war die Sonne unter dem
Horizont versunken und die Kühle der Nacht begann sich angenehm zu verbreiten.
In der Ferne war ein Muezzin zu hören, geheimnisvolle Geräusche und Töne lagen
in der Luft und hüllten mich ein.
Es klopfte an der Türe.
„Zimmer-Service, ihr Menü mein Herr!“
Ich ging zur Türe und öffnete. Herein kamen drei bezaubernde, in
durchsichtigen Schleiern und weiten Pumphosen gehüllte junge Mädchen, jede
schob einen Servierwagen vor sich her. Hinter ihnen schritt ein Kellner
gemessenen Schrittes und hatte auf einem Tablett einen Sektkühler mit
dazugehörender Flasche und stellte sie auf den mittleren Servierwagen, der
eigentlich ein Tisch war und zog sich zur Türe zurück, wo er stehen blieb. Er
sprach kein Wort.
Die drei Mädchen begannen, ebenfalls schweigend, aber immer lächelnd, die
Abdeckungen der Speisen zu entfernen und die Teller in gefällige Reihenfolge zu
ordnen. Sich verneigend gingen sie durch die Türe wieder hinaus, die sie von außen schlossen. Nur der schweigende
Kellner blieb im Raum.
Ich näherte mich neugierig und betrachtete das reichhaltige Angebot. Es war
üppig und verlockend. Von verschiedenen
Vorspeisen, warm und kalt, bis zur Hauptspeise, eine aufgeschnittene Lammkeule
und diverse Salate, dann Früchte und orientalische Süßigkeiten, in Sirup
schwimmend.
Ich nahm meinen Stuhl und legte mir die Serviette auf das Knie, da kam der Kellner auf mich zu und schenkte mir mit einer
Verbeugung den Champagner ein.
Dann ging er zur Türe und öffnete sie wieder.
Und da kam SIE herein, in einem dünnen, durchsichtigen Kaftan gekleidet,
mit Perlenketten im tiefschwarzen Haar, Armreifen und Glöckchen am Saum.
Sie kam langsam auf mich zu, blieb vor mir stehen und näherte ihr Gesicht
dem meinem. Sie lächelte, ihre weißen Zähne blitzten und ein gurrendes Lachen
kam aus ihrer Kehle. Sie nahm einen kleinen weißen Teller und legte mir
gebratene Melanzani, mit scharfer Tomatensauce vor. Während ich diese
Köstlichkeit auf der Zunge zergehen ließ, reichte sie mir das Glas neuerlich
und prostete mir zu.
Dann trat sie hinter mich und strich mit ihren langen Fingern genüsslich
auf meinem Rücken auf und ab. Mir schwanden fast die Sinne.
Sie kam nun von der anderen Seite, nahm einen neuen kleinen Teller und
häufte kleine Fleischbällchen und Yoghurtsauce mit kleinen Gurkenstückchen
daneben, und reichte es mir.
Während ich es kostete, kniete sie zu meinen Füßen und begann mit
streichenden Bewegungen an meinem Schienbein entlang zu meinen Knien zu
streichen.
Dann stand sie wieder auf und
umrundete den Tisch, beugte sich nach vor und ich konnte sehen, wie sich ihre
runden vollen Brüste hoben und senkten.
Und immer wieder hob sie das Glas und wir prosteten uns zu.
Ich weiß nicht mehr, was mir mehr in den Kopf stieg, der Duft ihrer Haut
oder der Champagner, den ich in kleinen Schlückchen genoss.
Nach einigen der köstlichen Vorspeisen, servierte sie mir die Hauptspeise
und achtete darauf, dass die Fleischstücke in mundgerechten Happen zerteilt
waren.
Während des Essens umschmeichelte und umrundete sie mich, saß auch immer
wieder auf meinem Schoß und wühlte sanft in meinen Haaren.
Trotz laufender Klimaanlage wurde es
immer heißer im Appartement. Den Bademantel hatte ich längst ausgezogen, außer mit
meinem Slip war ich völlig unbekleidet.
Sie tanzte vor mir, hob und senkte ihr Becken stoßweise, ließ es kreisen.
Im Rückwärtsschritt näherte sie sich dem breiten Bett im Hintergrund. Ich hielt
einen langen Schal, den sie um den Hals trug in der Hand und ließ mich ziehen.
Es war voraus zu sehen, als wir uns auf dem Bett wieder fanden.
Mein Blick streifte über den dunklen Plafond über mir und ich empfand die
kleinen, in der Täfelung eingelassenen Lämpchen als funkelnde Sterne.
Sie überließ mich für kurze Momente meinen Träumen und holte den
Servierwagen mit den Früchten herbei. Sie hielt eine große Erdbeere zwischen
ihren weißen, makellosen Zähnen, und ich biss voller Verlangen hinein, unsere
Lippen berührten sich und es endete in einem leidenschaftlichen Kuss. Der Raum
drehte sich und mein Herz pochte und pochte und hörte nicht mehr auf.
Das Pochen wurde immer intensiver und plötzlich hörte ich die Stimme des
Zimmerkellners.
„Ihr Drink, Monsieur!“
Die Stimme drang aus weiter Ferne an mein Ohr und ich hatte Mühe meine
Augen zu öffnen.
Der Raum war dunkel, das kleine Licht beim
Bett verbreitete nur schwachen Schein und doch war ich schlagartig
munter.
Es gab keinen schweigender
Zimmerkellner, keine verführerische Sheherazade, kein Abendessen! Ich war völlig
alleine im Raum.
Nur das Pochen an der Türe wiederholte sich und die Stimme des
Zimmerkellners wurde lauter und ungeduldiger.
Ich hatte einen Tagtraum, der offenbar teilweise in meinen Wünschen und
Träumen seine Wurzeln hatte!
Langsam näherte ich mich der Türe, öffnete sie, quittierte den Beleg und
nahm, mit leisem Seufzen, das Tablett mit dem bestellten Drink entgegen.
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