Glühendes Eis
von Joana Angelides
Es ist ein Wintertag
wie aus dem Märchenbuch.
Durch die dicken
Schneewolken kämpfen sich einige wenige Sonnenstrahlen und lassen die herab
schwebenden Schneeflocken kurz
aufblitzen. Der Natureislaufplatz der kleinen Dorfgemeinde außerhalb der großen
Stadt liegt wunderbar romantisch am Ausläufer des Hausberges und am Rande des
Waldes. Es ist ein kleiner See, der fast bis zur Hälfte hinab gefroren ist.
Am Ufer des
zugefrorenen Sees wurden einige Sitzbänke für eventuelle Zuschauer und
Besucher aufgestellt, die auch die
Eisläufer selbst zum Ausruhen einladen. Es gibt auch einige ständig umlagerte
Holzstände, die kleine Imbisse und Punsch verkaufen.
Und über all dem
ertönt aus den vier Lautsprechern lebhafte Musik. Die Lautsprecher sind auf einem Holzhaus,
einem Pavillon gleich, montiert, das sich in der Mitte der Fläche langsam im
Kreise dreht und auch bunte Lichtsignale über den Platz schickt. Da viele kleinen
Glocken an den Wänden montiert sind, und
diese durch den leichten Wind bewegt
werden, vermischt sich deren
Klang mit der Musik zu einer harmonischen Weise.
Man kann den
Schneewalzer erkennen, oder romantisch klingende Melodien, die von bunten
Luftballons und Schneeflocken, Schlittenfahrten und dem kommenden
Weihnachtsfest handeln. Die Menschen ziehen ihre Runden, manche alleine, manche
zu mehreren. Jugendliche flitzen zwischen den Erwachsenen herum und Mütter
halten ängstlich ihre Kleinkinder an der Hand.
Am Ende einer der
Bänke sitzt ein nicht mehr ganz junger Mann und schaut gedankenverloren dem
Treiben auf dem Eis zu. Wenn er die Augen zu einen kleinen Schlitz verengt und
sich nur der Musik hingibt, beginnt sich der Platz zu drehen, die Stimmen und
die Musik tauchen in den Hintergrund und er fühlt sich in die Vergangenheit
zurück versetzt.
Er erinnert sich an
die Lichter die sich auch damals am Eis spiegelten, konnte wieder die Spuren
der Schlittschuhe an der Oberfläche sehen und das helle Lachen seiner
Begleiterin.
Ihr Lachen begleitete
ihn in seinen Gedanken viele Jahre, es war ein wunderbares helles Lachen, das
an silberne Weihnachtsglocken erinnerte. Es nutzte die Luftströmung und wurde
nur sehr langsam leiser. Wenn man sich sehr anstrengte, konnte man dieses
Lachen noch lange, nachdem es verklungen war, ahnen.
Sie glitten damals
Arm in Arm über das Eis. Er hatte seinen rechten Arm um ihre Mitte geschlungen
und seine geöffnete Handfläche lag an ihrer Taille auf. Er wußte noch, daß er spürte, wie sie
heftiger atmete. Ihre biegsame Gestalt legte sich in den sanften Kurven des
Platzes leicht an ihn und raubte ihm jedes Mal seine mühsame Beherrschung. Wenn
sie ihn dann mit ihren tiefblauen Augen strahlend anblickte und sich ihr Mund
leicht öffnete, küßten sie sich jedesmal.
Entweder sie
drückte sich danach ein wenig an ihn,
oder drehte sich weg und zog eine Schleife um ihn herum, um wieder lachend in
seinen Armen zu landen. Sie hatte immer eine enganliegende, hellblaue Strumpfhose an und ein kurzes, weites
Röckchen in der gleichen Farbe. Ihr Oberteil war ebenfalls sehr eng und man
konnte das Heben und Senken ihrer eher kleinen Brüste deutlich sehen. Der blaue
durchsichtige Schal fiel ihr über den Rücken hinab und jeder noch so
leichte Windstoß ließ ihn flattern. Das
dichte blonde Haar war zu einem kräftigen Zopf gebunden, den sie über die linke
Schulter nach vorne gelegt hatte. Sie roch nach Frische und Tannenzapfen.
Wenn sie so eine
Schleife um ihn drehte, schwang ihr Röckchen weit aus und man konnte ihren
kleinen runden Po sehen, was ihn noch
zusätzlich erregte.
Heute wußte er, daß
es ihr bewußt war und er mußte lächeln.
Eines Abends waren
sie so in dieses erregende Spiel so vertieft,
daß sie erst merkten, daß sie alleine auf dem Platz waren, als die Musik
verstummte und die Beleuchtung ausgeschaltet wurde. Was blieb war die
Notbeleuchtung für der Nacht.
Der Platzwart hatte
vergebens einige Male auf das Veranstaltungsende aufmerksam gemacht, aber sie hatten es nicht gehört, bis er Achsel
zuckend nach Hause ging.
Doch sie drehten
weiter ihre Runde, ihre Augen versanken in ihren Sehnsüchten, sie ertranken
darin. Die plötzliche Stille war so laut, daß sie das Herzklopfen übertönte.
Das Schneetreiben war noch dichter geworden und es schienen sie weiße Schleier einzuhüllen.
Auf ihren Gesichtern
landeten hin und wieder kleine Schneeflocken die sie lachend weg wischten. Sie fuhren die
Kreise immer enger und schließlich
landeten sie außer Atem bei dem kleinen Pavillon in der Mitte des abgesteckten
Platzes.
Er setzte sich auf
den Sockel und zog sie zu sich herab. Nun saßen sie dicht nebeneinander, er schlang schützend seinen Arm um sie und
sie legte den Kopf an seine Schulter.
Als sie sich beide
zurücklehnten mußten sie den Hebel
berührt haben, der den Pavillon in Bewegung setzt. Er fuhr sich langsam an und
die kleinen Glocken stimmten ein
leichtes helles Lied an. Durch die drehende Bewegung schien es, als würden sie
mit einem Schlitten durch den verschneiten Wald fahren.
Als seine Lippen die ihren berührten, öffnete sie
diese leicht und es wurde ein langer, leidenschaftlicher Kuß daraus. Seine
Hände glitten an ihrem schlanken Körper entlang und er konnte plötzlich ihre
hart gewordenen Brustspitzen durch den Wollstoff spüren. Sie zuckte zusammen;
es war wie ein Signal für ihn. Er begann nun ihren Körper zu erforschen und sie
ließ es geschehen, ohne auch nur eine abwehrende Bewegung zu machen.
Als er langsam die
Knöpfe ihres Jäckchens öffnete und ihre
warme Haut darunter berührte, erzitterte sie und drängte sich an ihn, als
wollte sie die kühle Nachtluft abwehren. Plötzlich war Stille um sie herum, als
würde die Natur den Atem anhalten. Der kleine Pavillon in der Mitte des Platzes
drehte sich ständig weiter, die Flocken legten sich zart und vorsichtig auf die
beiden Liebenden und das Spiel der Glocken wurde zur Symphonie.
Sie lagen in ihrem
„Schlitten“, durch das langsame Drehen
des Holzpavillon schien es, als
würde die Landschaft an ihnen vorbei
gleiten, unvermittelt begann das Eis um sie herum zu glühen.
Es war der ultimative
Moment der Erfüllung ihrer Gefühle, der sie alles rund um sie vergessen ließ.
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Der Mann auf der Bank
am Rande des Eislaufplatzes schreckt auf. Wieso war die Musik aus?
„Sie sind der Letzte,
es ist für heute vorbei und sie müssen gehen!“ Es ist die Stimme des
Platzwartes, die ihn aus seinem Traum zurückholt.
Und tatsächlich sind
die Lichter verloschen, nur die Begrenzung des Platzes ist mit der
Notbeleuchtung markiert, der kleine
Holzpavillon in der Mitte hat aufgehört sich zu drehen.
Er steht langsam auf,
nickt dem Platzwart mit einem kleinen Lächeln zu und geht davon. Er fühlt sich
plötzlich sehr einsam und alleine.
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