Donnerstag, 30. November 2017

Es weihnachtet in der Redaktion, Satire



Es weihnachtet in der Redaktion

von Joana Angelides 


Bildergebnis für Brennendes Haus

 
Das alle Jahre wiederkehrende Fest der Geburt des Jesus-Kindleins treibt die tollsten Blüten, wird langsam unübersichtlich und viele vergessen den ursprünglichen Sinn des Festes.

Jeder feiert es aber auch anders.
Die einen ertränken es in Alkohol, die anderen würden gerne auch die Schwiegermutter darin ertränken. Doch die Gewissheit, dass sie sich dann länger hält, lässt sie noch zögern.
Viele kaufen schon Wochen vor dem Fest jene Dinge, die keiner wirklich braucht, die aber so schön verpackt sind.
Andere wieder suchen den Weihnachtsfrieden übers Reisebüro in exotischen Ländern, wo es garantiert keine Christbäume und auch keine Glaskugeln zum Schmücken derselben geben. Aber dafür Palmen und Temperaturen, die kaum erträglich sind. Auch gibt es keinen gebackenen Karpfen oder Weihnachtsbraten am so genannten „Christtag“. Dafür wilde Stammeskämpfe, Terrordrohungen und Tsunamis.

Es gibt keinen Familienstreit und Tränen beim Weihnachtsbraten, aber auch keinen Schnee und auch keine Mitternachtsmette.
Ganz Schlaue haben einen künstlichen Baumschirm (Made in China) und ein paar Kekse mit, um dann unter Tränen und Heimweh dem Fest in der Ferne nachzutrauern und das um viel Geld!

Da sich unsere Redaktionsmitglieder eindeutig zu den Klügeren zählen, haben wir beschlossen, diese Weihnachten mit einem firmeninternen Fest in der Redaktion zu feiern.

Der redaktionseigene Bote Benjamin wurde auf die Leiter gejagt, um die künstlichen Plastikgirlanden schwungvoll zwischen den Türen und der Beleuchtung anzubringen. Er stand da oben, die Leiter wackelte gefährlich und sang ein Weihnachtslied nach dem anderen. Wir wussten gar nicht, dass es so viele gab!
Sein Gesang wurde jählings unterbrochen, als Ilse unsere Redaktionssekretärin, ein Tablett mit Gläsern balancierend hereinkam und die Türe mit den linken Fuß rücklings schloß.
Die daran befestigten Girlanden rissen die Lampen aus der Verankerung, die Leiter um und unser Benjamin kam darunter zu liegen.
Er wird Weihnachten leider mit einem Gipsfuß, zwei Schlingen für die Hände und einer Halskrause verbringen und sicher sechs Wochen im Krankenstand sein. Naja, man kann nicht alles bedenken! Dafür wird er aber dann wie neu sein!
Gläser, eine Leiter und zwei Beleuchtungskörper brauchen wir ebenfalls neu, nur Ilse kam ohne jede Schramme davon, sie ist nur heiser vom Schrei und wird einige Tage nicht telefonieren können.

Peter aus der Sportredaktion hat sich erbötig gemacht, für die Getränke zu sorgen. Er kontaktierte sämtliche ihm bekannten Firmen mit der Bitte um eine Getränkespende. Nachdem er überall Proben zog, war er schon eine Woche vor Weihnachten in Feierstimmung und lief mit einer roten Zipfelmütze herum.  Wenn es Schnee gegeben hätte, wäre er sicher mit dem Schlitten ins Büro gekommen. Er telefonierte schon ständig mit einigen Zoos, ob sie ihm ein Rentier zur Verfügung stellen könnten, falls, ja falls es Schnee gibt! Verkehrskontrolle oder aber den Tierschutzverein kann er aber nicht brauchen!

Das Buffet wurde von einem, bisher völlig unbekannten, aus Südostasien stammenden Sandwich-Lieferanten angeliefert und sah optisch wunderbar aus. Diejenige, die versteckt eine Kostprobe zogen, rangen noch nach Minuten nach Luft und brauchten pro Sandwich mindestens drei Flaschen Bier oder Mineralwasser. Aber, die Brötchen waren kunstvoll arrangiert und erfüllten den Raum mit einem sehr intensiven Geruch.

Überall wurden Kerzen aufgestellt, die eine sehr feierliche Stimmung verbreiteten, auf einer Grillplatte briet irgendjemand Äpfel und Tannenzweige, die den Geruch der Brötchen dann doch übertönten.
Unser Chefredakteur bestand auf echten Kerzen auch auf dem Weihnachtsbaum, der in der Ecke des Aufenthaltsraumes aufgestellt wurde.

Nachträglich muss gesagt werden, dass das keine sehr gute Idee war, denn der Baum stand bedenklich nahe an den Vorhängen und dem Tisch mit den kleinen Geschenken der Kollegen und innerhalb weniger Sekunden in hellen Flammen.

Die Feuerwehr war zwar in unglaublich kurzer Zeit da, doch trotzdem verbrannten fast alle Akten, die Registratur samt Stellagen und was heil blieb, ging im Wasserstrahl der tapferen Männer unter.
Eines steht fest, soviel Aufmerksamkeit und Beobachter auf den Gehsteigen gegenüber, hat unsere Redaktion noch nie gehabt, kostenlose Werbung sozusagen. Immer, wenn von der Feuerwehr noch rauchende Möbelstücke aus dem Haus getragen oder aus dem Fenster geworfen wurden, applaudierte das Publikum. Besonders begeistert zur Kenntnis genommen wurde die Explosion unserer Gastherme. Ein Schauspiel, das den Himmel erleuchtete und im ganzen Grätzel gesehen werden konnte.
Bunte und schwarze Papierfetzen flogen durch die Gasse, ein Konfettiregen sozusagen.
Und über allem tönte „Stille Nacht, Heilige Nacht“, aus einem der offenen Fenster gegenüber.

Die Polizei nahm eine Tafel aus dem Lieferwagen zur genaueren Untersuchung mit, auf der „Bin Laden“ steht. Unser Chauffeur, dessen Großeltern vor vielen Jahren aus Ägypten eingewandert sind, was ihn natürlich sofort verdächtig machte, soll nach dem Ausnüchtern zwecks Aufklärung von der Polizei einvernommen werden.

Die Aufräumungsarbeiten dauern noch an, vor allem, da jeder halbwegs lesbare Papierfetzen unter die Lupe genommen werden muss, es könnte sich ja um etwas Wichtiges, sprich eine Satire, handeln.

Es war jedenfalls ein be-rausch-endes Lichterfest, das in dieser Konzentration vielleicht nur alle Hundert Jahre stattfindet.

Als wir uns schon fast durch die verkohlten Reste der Manuskripte und Recherchenunterlagen durchgewühlt hatten, rief der Herausgeber unseres Magazins aus Phuket an.

Wir versicherten ihm, dass alles seinen gewohnten Weg geht.
Das klang so:
„Hier alles am Köcheln, die nächste Ausgabe brennt uns unter den Fingern! Wir suchen die geheimen Glutnester und machen uns Notizen. Wir haben die volle Aufmerksamkeit der halben Stadt“.
Er klang sehr zufrieden und wünschte uns ein fröhliches Weihnachtsfest.
Wir werden versuchen hin und wieder gequält zu lächeln. 



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