DER WEG IN DEN IRRGARTEN DER GEFÜHLE
von Joana Angelides
Die Tage reihen sich
aneinander wie die Perlen einer langen Kette. Sie sind im Grunde ereignislos
und blass.
Erst wenn die Sonne
sich unter den Horizont begibt, beginnt sich diese Spannung aufzubauen, die im
Laufe des Abends immer unerträglicher wird. Die besondere Tortur ist, dass ich
dieses Lokal besitze und oft weit bis Mitternacht meine Gäste bewirten muss und
man mir nichts anmerken darf.
Doch hat die Natur es
so eingerichtet, dass das andere Geschlecht immer spürt, wenn der Andere wie
eine Feder angespannt ist und eigentlich nur an Fortpflanzung in jeder
erdenklichen Variante, denkt. Die spürbare Bereitschaft von oft schönen,
attraktiven weiblichen Gästen ist noch zusätzliche Folter.
Doch kreisen meine
Gedanken und meine Begierde einzig nur um Esmeralda, diesem Erotikbündel.
Ich habe ja schon
lange den Verdacht, dass meine Hexe Esmeralda, die in meinem Haus wohnt,
tagsüber irgendwo im Haus, vielleicht sogar in unserem Bett im Obergeschoß
schläft und erst mit einbrechender Dunkelheit aufwacht. Wenn niemand im Lokal
ist, laufe ich oft hinauf und lass mich auf das Bett fallen und atme ihren Geruch
ein, der noch aus der vergangenen Nacht präsent ist. Dann gleiten meine Arme
über das Laken und ich versuche ihren Leib zu erhaschen, ihn wenigstens zu
spüren.
Es macht mich
wahnsinnig, dass sie, wenn sie es will, unsichtbar bleibt. Ich aber hin und wieder
einen leichten Luftzug verspüre, als würde sie an mir vorbei gleiten, sich
Vorhänge bewegen, oder sie lässt ihre Armreifen und Seidentücher herumliegen.
Nacht, wenn die
letzten Gäste gegangen sind, versperre ich die Türe und eile die Treppe hinauf.
Ich höre im Badezimmer Wasser rauschen, Handtücher liegen auf dem Boden und das
Badeöl verströmt einen betörenden Duft.
„Esmeralda???“, meine
Stimme klingt dann immer belegt und man hört die Spannung heraus.
„Ja, hier bin ich,
komm!“ Sie lockt und flüstert und meine
Knie werden weich.
Ich stürme von einem
Raum in den anderen und höre vorerst immer nur ihr heiseres Lachen und rieche
ihren sinnlichen Duft. Sie spielt dieses Spiel gerne mit mir. Dann plötzlich,
wenn ich schon außer Atem bin, an die Wand gelehnt mit geschlossenen Augen dastehe,
spüre ich plötzlich ihre langen Finger in mein Hemd eindringen, ihre Haarmähne
sich über mein Gesicht und den Hals ergießen und ihre Lippen meine bereits
erregten Brustspitzen suchen.
Sie drückt mich an
die Wand, öffnet mit einer Hand meinen Gürtel und lässt die Hose abwärts
gleiten. Sie bewegt dabei ihren Körper, lässt mich jede ihrer Rundung spüren
und krallt sich zwischen meinen Schenkeln fest.
Einen Fuß schlingt
sie über meine Hüften und ich fühle, dass sie vollkommen nackt, ihre warme Haut
noch feucht vom Bad ist und sie sich auf mein nun sehr erregtes Schwert
schwingt und langsam auf und abgleitet.
Mein Blut bewegt sich
wellenförmig im Körper hin und her und es fühlt sich wie eine wilde Brandung
an.
Wir erheben uns
langsam in die Luft, durchdringen wie selbstverständlich die uns umgebenden
Mauern und ich höre in der Ferne die wilde See von Schottland, wo ich meinen
letzten Urlaub verlebt habe. Wir landen am Fuße eines dunklen Schlosses, mit
einzelnen flackernden Lichtern in den Fensterhöhlen, finden uns liegend auf
einem von wilder See umspülten Felsenvorsprung.
Esmeralda sitzt nun
auf mir, drückt meine Schultern zu Boden und lässt ihren Körper langsam, im
Rhythmus der zerschellenden Wellen auf und ab gleiten. Sie spricht zu mir, ihre
Augen glühen vor Erregung, doch ich kann sie durch das Tosen der Brecher nicht
verstehen.
Mein Rücken ist wund,
mein Innerstes beginnt zu glühen und ungeheure Orgasmen durchströmen meinen
geschundenen Körper. Jeder Brecher bringt neue Erregung und neue Höhepunkte.
Aus den Fluten der
See tauchen unheimliche Gestalten herauf, mit schuppiger Haut und großen dunklen
Augen. Sie halten uns fest, damit wir nicht abgleiten, aber auch nicht zur Ruhe
kommen. Meine Augen und mein Mund sind weit geöffnet, doch meine Schreie der
Lust gehen wieder in diesem Tosen unter. Es ist als würde sich die Erde unter
diesen Felsen und der Brandung öffnen, als würde glühende Lava austreten und
neue Felsen formen.
Obwohl ich mich wie
in einem Inferno fühle, möchte ich nicht, dass es aufhört. Mein Körper hat sich
an das verzerrende Gefühl, die unglaublich intensiven Höhepunkte bereits
gewöhnt. Meine Arme klammern sich an den zuckenden Leib dieser
leidenschaftlichen Hexe und mein Becken hebt und senkt sich zum ultimativen
Kampf der Geschlechter.
Ihre Zähne graben
sich in meine Schulter, der Schmerz lässt mich aufschreien und aufbäumen und
als ich nun die Augen öffne, sehe ich über mir schemenhaft den sich drehenden
Ventilator unseres Schlafzimmers und den aufrechten schlanken Körper
Esmeraldas, wie er sich ekstatisch bewegt und dreht. Das Tosen des Meeres, der kalte, raue Fels
unter mir ist verschwunden.
„Oh, DU Teufel! DU
machst mich heute wahnsinnig und bringst mich völlig außer Kontrolle. Wir haben
ja noch die ganze restliche Nacht für uns!“ Ihre Stimme ist erregt und
vorwurfsvoll, aber weich und sinnlich.
Sie gleitet abwärts,
ihre Zunge liebkost dabei meinen Bauch und meinen Nabel und erzeugt weiterhin
heiße Schauer in mir.
„Ich werde Dich mit
meiner Zunge nun beruhigen, dann wieder aufregen und Dich wieder beruhigen.
Meine Fingernägel werden Deine Rückenwirbel solange reizen, bis sie ganz Durcheinander
kommen, ich will Dich stöhnen und betteln hören!“
Sie wird mir den
Verstand rauben, sie wird mich bis zum Sonnenaufgang in Spannung halten, mich
aussaugen und mich dann als zitterndes Bündel auf dem Bett liegen lassen und
irgendwohin verschwinden.
Doch das wird Morgen
früh sein; ich lebe für diese Momente und lasse mich nun fallen, begebe mich in
ihre Gewalt, folge ihr dort hin, wo sie mich hinführt. In den Irrgarten der
Gefühle.
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