Poseidon, Mon Amour
von Joana Angelides
Ich habe dir schon von meinen Träumen erzählt, die mich durch Wände und
Felsen gehen, in sich plötzlich auftuende Meerestiefe versinken lassen.
Seit meinen Kindheitstagen vermutete ich schon immer Poseidon, den Gott
der Meere und Tiefen in der Dunkelheit
der See.
Nun bin ich erwachsen und wenn ich am Strand liegend, vor mich hin
träume und mich das von weit draußen zu hörende Kreischen der Möwen nur wenig
im Halbschlaf stört, höre ich manchmal sein Rufen.
Es kommt aus der Tiefe, ist lockend und doch herrisch zugleich.
Er ruft mir zu, die Bettstatt ist bereit, die Kutsche aus der Tiefe
steigt auf und wird mich holen. Dann
sehe ich im dunklen Wasser seinen Fünfzack leuchten, seine mächtige
Gestalt verschwommen sich bewegen. Und ich bin bereit.
Immer, wenn ich mich dann in die Fluten werfe, mit meinen Armen das
Wasser teile, höre ich Klänge aus einer anderen Welt, gurgelnd, hell und
rauschend. Die Strudel ziehen mich hinab und ich besteige diese wunderbare,
grüne Kutsche mit den weißen Pferden der Wogen
und versinke in dem sich öffnenden Schlund.
Poseidon selbst reicht mir seine mächtigen Hände, trägt mich in sein
Unterwasserschloß und wir sinken auf das
mit Schlingpflanzen und Algen gepolsterte Bett.
Neugierige riesengroße Fische,
Oktopusse und schemenhafte Gestalten umkreisen uns, grüne Schleier und Seeanemonen zittern um uns
herum und ich versinke in den mächtigen Armen Poseidons. Die unterirdische Strömung
des Meeres lässt mich unter kühlen Prisen erschauern und wärmeren
Strömungen vergehen. Er nimmt mich
einfach, seine Kraft strömt in mich und es beginnt eine unendliche Reise in die
dunkle, geheimnisvolle Tiefe der
Leidenschaft. Seine kräftigen Hände
streichen sanft und doch fordernd über
meinen Leib, erzeugen Druck und Zittern.
Die Entladung unserer Höhepunkte erzeugen an der Oberfläche plötzliche
starke Wellen, läßt die Möwen
erschrocken auffliegen und sich weiter draußen, an Ufernähe niederlassen. Der Wind hält den Atem an und
die Farbe des Wassers färbt sich dunkelgrün.
Oh, welch süße Worte kann Poseidon flüstern. Sie plätschern an meinen
Ohren wie leise Sinfonien dahin und lassen in meinem Blut Blasen aufsteigen und
diese im Kopf zerplatzen.
Er lässt sich Zeit, erweckt immer wieder dieses ungeheure Verlangen in
mir, geniesst es, wenn ich wild um mich schlage, das Wasser in Bewegung kommt
und die Fische sich erschrocken in Nischen und Höhlen zurück ziehen. Er bindet
Schlingpflanzen wie Taue um meine Arme, ringt Muscheln und Seegras in mein Haar
und beginnt mich immer wieder zu erforschen, meine Schreie der Lust und
Auflösung verlieren sich in den Weiten des Meeres. Danach trägt er mich zärtlich auf seinen Armen an die Oberfläche
und legt mich sanft in die Wogen.
Plötzlich wird das Wasser aufgepeitscht, riesige Wellen zerstören die
Wasseroberfläche.
Das tägliche Schiff vom Festland und zerstört meinen Traum, vertreibt
Poseidon aus ihm.
Ich hasse dieses Schiff immer in solchen Momenten. Aber ich weiß,
Poseidon ruft mich wieder und ich werde
ihm wieder folgen.
Denn ich bin ihm völlig hilflos ausgeliefert.
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