Mittwoch, 11. Juni 2014

WALPURGISNACHT, vampirig



WALPURGISNACHT
von Joana Angelides 

Bildergebnis für walpurgisnacht

Es ist einfach die dunkle Seite in mir, die mich in finsterer Nacht hinaus eilen lässt suchend die Spur des Blutes und die dahinjagenden Wolken am windgepeitschten Himmel.

Meine Nackenhaare stellen sich auf und meine fliegende Haarmähne wird vom Wind in mein Gesicht gepeitscht.

Der volle Mond erhellt den Platz vor der ehemaligen Richtstätte mit dem mittelalterlichen tiefen Brunnen und das ist auch mein Ziel.
Wie gesagt, in diesen Nächten, wenn abgebrochene Zweige und Äste durch die Straßen gepeitscht werden, gibt es für uns kein Halten mehr. Wir sind wie Schwestern und Brüder, die vom gebieterischen Vater gerufen werden und alles liegen und stehen lassen und zu ihm eilen.

Ich sehe ihn schon von weitem; er schwebt über dem Brunnenschacht, sein schwarzer, rot gefütterte Mantel flattert um seine hagere Gestalt und seine erhobenen Hände winken uns zu. Nein, sie winken nicht, sie ziehen uns zu sich heran, mit gierigen langen Fingern und seine Augen versenden Blitze. Er versammelt seine Jünger um sich.

Es ist ein Heulen und Wehklagen in der Luft, das  sich mit dem Heulen der Wölfe und Werwölfe aus dem nahen Wald. vermischt.
So geschieht es in jeder Walpurgisnacht. Die Menschen in den Häusern haben ihre Fensterläden fest verschlossen, die kleinen Kinder werden unter den Bettdecken begraben und es herrscht gespannte Stille.
Einmal hat es ein mutiger Pfarrer gewagt und versucht die Kirchenglocken zu läuten, er wurde am nächsten Morgen erhängt am Glockenseil gefunden und niemand konnte es sich erklären.
Die schwarzen Gestalten der Brüdern und Schwestern gleiten durch die Gassen, Schatten gleich, auf der Suche nach verirrten Seelen und frischem Blut. Auch ich gehörte einmal zu jenen, die vor Angst nicht mehr atmen konnten, wenn diese am Haus vorbei huschten, ihre immer länger werdenden  dunklen Finger und Umhänge unter den Türspalten in die gute Stube hereindrangen und nach uns fassten.

Jedes Jahr gelang es immer wieder einige doch an ihren Gewändern oder irgendwelchen Körperteilen zu fassen und sie dann, als wären sie nur schwarzer Rauch, unter den Türen nach außen zu ziehen.
Sie wurden in einen wirbelnden Tanz verwickelt, Zähne schlugen sich in ihre Hälse, saugten ihnen fast das ganze Blut aus den Körpern und dann waren sie dem Heer der Untoten und Vampiren zugehörig.
Die Belohnung war ewiges Leben, immerwährende Herrschaft über das Leben der anderen aber auch unendliche Gier nach frischem Blut.

Wenn diese Nächte vorbei sind, sich der Horizont heller zu färben beginnt und die Fledermäuse in den Mauerritzen verschwinden und die Wölfe nur mehr in der Ferne heulen, dann landen wir wieder sanft am Boden und gehen unserer geregelten Arbeit und dem Leben nach.

Doch wenn sich zwei dieser Wesen im normalen Leben begegnen, dann öffnen sich ihre  Nüstern, sie holen tief Luft, ihre Augen verengen sich, die Iris wird zu einem schmalen Spalt und heisere Töne kommen, kaum hörbar aus ihrer Kehle. Sie erkennen sich.
Ich irre durch die dunklen Gassen, drücke mich an die Hauswände und horche in die schwarze Nacht. Und da sehe ich ihn! Er drückt sich voller Angst in die Tornische neben dem Pfarrhof, versucht verzweifelt die alte Holztüre aufzustoßen. Doch sie dürfte von innen verschlossen oder geblockt sein.
Mit weit aufgerissenen Augen starrt er mir entgegen, streckt seine Handflächen gegen mich aus und aus seinem geöffneten Mund dringen nur leise Schreie heraus, die Stimme versagt ihm. Und da bin ich schon bei ihm, meine dunklen, brennenden Augen versinken in den seinen. Sein angespannter Körper wird plötzlich weich und seine Knie versagen ihm. Ich schlinge meine festen Arme um ihn und ziehe ihn zu mir. Langsam senke ich meine Lippen auf seinen Hals und meine Zähne gleiten wie von selbst durch die Haut in seine Hauptschlagader.
In mir brauste unbändiges Verlangen, macht mich schwindelig und wild.
Sein Blut schmeckt süß und warm, unglaubliches Glücksgefühl durchstreift mich, ich trinke und trinke den Saft des Lebens und spüre, wie es aus seinem Leib entweicht.
Plötzlich schlingt er seine Arme um mich, hält sich verzweifelt an meinen Schultern fest und lässt es nun geschehen.
Zittern durchläuft seinen Körper, seine Augen starren mich leer und ergeben an.

Er weiß, er gehört nun für immer zu uns.



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