Zwischen Tanz und Ewigkeit.
von Joana Angelides
Nun war er da, der Karneval!
Ganz Venedig war eine Bühne. Am Marcusplatz drängten sich die schönsten
Kostüme. Auf jeder Brücke in jeder kleinen Gasse Venedigs liefen sie herum, mit
Vogelmasken, mit weißen Masken, riesigen Hüten mit Federgestecken, blauen,
roten und grünen Taft und Seidengewändern, glitzernd und glänzend, mit
Glöckchen und Schellen.
Prinzen und Könige in samtenen und seidigen Wamse, jedoch alle mit
Masken. Niemand kannte den Anderen oder Alle, alle waren ausgelassen.
Auf kleinen Plätzen, wie auf der Piazza S.Polo waren kleine Bühnen mit Straßentheatern
aufgebaut, Musik aus alten Instrumenten war zu hören. Sie spielten alte Stücke
von Goldoni, alte venezianische Possen.
Man wurde umarmt, gestoßen und gezogen. Lachen drang von allen Seiten
heran, es war ein Rausch der Farben und Sinnen. Sektgläser machten die Runde,
es wurde zugeprostet und fremde Menschen sprachen sich an und gingen wieder
aneinander vorbei.
Am Canale Grande fuhren die Wasserbusse, voll besetzt mit lachenden
Menschen in Masken vorbei, hielten an den Stationen an und Massen von Menschen
stiegen ein und aus.
Alissa und Susanne, zwei Kunststudentinnen, die Venedig nur wegen des
Karnevals besuchten, hielten sich an den Händen um sich nicht zu verlieren. Sie
prosteten einigen Masken zu, tanzten über den Markusplatz und versuchten immer,
sich nicht aus den Augen zu verlieren.
Ein ausgelassener Capitano riß Alissa jedoch irgendwann von ihrer Seite
und Susanne war in dem Getümmel alleine. Sie rief zwar noch ein paar Mal ihren
Namen aber es war vergebens.
Doch da wurde sie schon wieder von einer Maske herum gewirbelt, bekam
ein Glas Sekt und wurde weiter gegeben an eine Maske mit Vogelgesicht, mit der
sie einen Tanz lang verbunden war. Unvermittelt ließ sie diese Maske wieder
alleine und verschwand in der Menge.
Hatte sie diese Maske mit dem Vogelgesicht und dem langen Schnabel, er
aus dem Gesicht ragte, nicht schon einige Male herum gewirbelt, um dann wieder in
der Menge zu verschwinden?
Er war groß, sprach nicht viel, sie spürte nur einige Male seinen Atem,
stoßweise an ihrem Hals und seine Augen brannten begehrlich aus der Maske. Mit
seiner linken Hand berührte er während des Tanzes manchmal ihren Hals hin bis
zum Nacken, sie mußte ihn abwehren. Eigentlich beschlich sie ein unheimliches
Gefühl in seiner Gegenwart.
Völlig außer Atem lehnte sie sich dann an einen der Lichtmaste im
Zentrum des Markusplatzes, mit Blick auf die Basilica di San Marco. Alles
drehte sich um sie, sie konnte nur mehr Gestalten sehen, der Ton trat etwas
zurück und sie schloß die Augen. Ihre Brust hob und senkte sich und sie glaubte
aufzusteigen.
Sie war unglaublich erregt und trunken vom Fest der Farben und Sinne.
Als nun auch noch irgendwo Feuerwerk abgeschossen wurde und sich der
Himmel in allen Farben darbot, fühlte sie sich endgültig emporgehoben.
„Hallo, schöne Colombine! Tanzen wir quer über den Platz?“ Eine dunkle
Stimme hinter ihr riss sie aus ihren Gedanken.
Bevor sie noch etwas sagen konnte, nahm sie ein Conte, mit rotem Wams,
goldenen Applikationen und schwarzer enger Hose, einem hohen Samthut mit
breiter Krempe und einer weißen Maske, die nur den Mund frei ließ, in den Arm
und flog mit ihr über den Platz. Sein Umhang wirbelte um sie beide herum. Das
heißt, soweit es möglich war, da der Platz ja voller Menschen war.
Und wieder kam der Vogelgesichtige auf sie zu, der ja eigentlich
einen Arzt aus dem Mittelalter darstellte und griff nach ihr.
Doch ihr Conte hielt sie in seinem Arm und stieß den Anderen weg. Sie
schienen sich zu kennen.
„Sie sind die schönste Colombine
von Venedig! Drehen sie sich, springen sie, fliegen sie mit mir!“
Sie lag in seinen Armen und vergaß die Menschen ringsherum. Er hielt
sie so fest in seinem Arm und sein Mund war so nahe an dem ihren, dass sie
seinen Atem spüren konnte. Während sie über den Platz wirbelten, spürte sie
plötzlich diesen kleinen Schmerz. Er hatte seinen Mund endgültig ganz nahe an
ihren Hals gebracht und sie spürte nun wie er seine Zähne schnell und kräftig
in ihr versenkte. Es liefen Schauer über ihren Rücken es schwindelte ihr, die
Drehungen wurden immer wilder, und ihre Knie gaben nach, doch er hielt sie fest
und verläßlich in den Armen.
Sie tanzten bis an den Rand des
Marcusplatzes und sie sah, wie sich die
Lichter im Wasser spiegelten und San Giorgio von drüben durch die Nebelschleier
herüber blinkte. San Giorgio war in seltsames Licht getaucht und es schien ihr,
als würden sie beide, in Begleitung des Vogelgesichtigen übers Wasser dorthin
schweben, als Ziel die ebenfalls Venedig vorgelagerte größeren Insel Giudecca.
Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass sie nicht die Einzigen waren,
losgelöst vom Trubel des Karnevals, die losgelöst von den Anderen über all
diesem Trubel schwebten.
Alissa, die Freundin war aus ihrem Gedächtnis gelöscht, sie hatte sie
vergessen. Sie klammerte sich an den Mann an ihrer Seite.
Vermeintliche Nebelschleier entpuppten sich als schwebende Gestalten,
mit wallenden Gewändern, flatterndem Haar, langen begehrlichen Armen und
glühenden Blicken. Der Marcusplatz und der Campanile waren schon weit weg,
entschwanden im Nebel der Nacht. Es schwindelte ihr, doch sie wurde gehalten
und getragen von starken Armen, eingehüllt in einen schwarzen Umhang, für alle
Ewigkeit.
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