Das
Faktum M A N N
von Joana Angelides
Nach meiner Scheidung hatte ich beschlossen, zukünftig
den männlichen Teil der Bevölkerung zu ignorieren und mich auf ganz andere,
schönere und erfolgversprechende Dinge zu konzentrieren.
Auf die Kunst zum Beispiel.
Leider habe ich da offenbar Michelangelo, Donatello
und Genossen völlig unterschätzt. Ihre Darstellungen des Männlichen springen
einem schon ganz gewaltig ins Auge, denn besonders in den großen Museen
Italiens, Griechenlands und Frankreich begegnet man überall muskelstrotzenden,
stolz dreinblickenden, überdimensionalen männlichen Statuen. Sie zu ignorieren
fällt daher schwer. Alles an ihnen ist ausgeprägt und betont… nur die
prägnantesten Stellen, auf die man halt als Frau auch hinblickt, sind immer, und wenn ich „immer“
schreibe, dann meine ich es auch so, klein geraten. Als ob die Schöpfer
dieser Statuen sie verschämt verstecken wollten. Obwohl, Größe liegt nicht
immer auf der Hand, sie offenbart sich oft erst nach einer Weile.
Ich bin aber trotzdem doch zur Ansicht gekommen,
dass das beabsichtigt war. Denn gerade solche offensichtlichen Untertreibungen
reizen halt eben doch, sie genauer unter die Lupe zu nehmen! Und ich denke
nicht, dass sich da die Betrachter früher von den heutigen sehr unterscheiden.
Durch diese optischen Reize und Gedankensprünge
meinerseits bin ich zur Erkenntnis
gekommen, dass es egal ist, worauf man sich konzentriert, man kann nicht die
halbe Menschheit ignorieren. Besonders
da es ja auch nicht mehr als Tabu gilt, zur Kenntnis zu nehmen und darüber zu
sprechen, dass es auch gleichgeschlechtliche Beziehungen gibt. Durch eingehende
Recherchen bei meinen Intimfreundinnen
tat sich da eine mir bisher unbekannte Welt auf. Egal, ob man nun Männer
oder Frauen an sich heranlässt, die Probleme die Gleichen sein können.
Außerdem muss man zugeben, dass die Kunst, Literatur
und die Geschichte hauptsächlich von den Beziehungen beider Geschlechter in
Schwung gehalten wird, so lange die Erde sich dreht! Obwohl sie in manchen Momenten
still zu stehen scheint.
Mein Fazit eines einsamen Abends bei einem Glas
Rotwein und der samtenen Stimme von
Julio Iglesias aus dem CD-Player:
Männer
sind schwierig, aber so ganz ohne sie geht es offenbar auch nicht!
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