Ehe zu Dritt.
von Joana Angelides
Das Eheleben mit Max war eigentlich gar keines. Ich wußte es, nur Max wußte es nicht. Er schien rundum zufrieden zu sein.
Wir hatten eine Ehe zu dritt, Ich, Max und die Langeweile.
Max war schon immer so prüde. Nicht nur, dass er das Licht im
Schlafzimmer abdrehte, wenn er einmal Lust hatte. Lust auf zehn Minuten in
Missionarstellung und dann ab ins Badezimmer, immer alles unter totalem
Schweigen.
Versuche, darüber zu reden, würgte er immer ab.
`Was soll man da noch sagen, es ist geschehen und darüber braucht man
nicht lange zu reden! ` sagte Max dann immer und schlüpfte unter die Decke.
Dabei begann es sehr romantisch und auch mit gewisser Leidenschaft, vor
zwanzig Jahren. Doch die Gewohnheit, der Alltag oder sonst was, haben sich
eingeschlichen und unsere Begegnungen im Bett wurden immer seltener, bis wir
uns, auf mein Drängen, doch auf einen Tag in der Woche einigten. Wenn nichts
dazwischen kam.
Das konnten so Faktoren wie Müdigkeit, Besuch, mitgebrachte Arbeit
sowie alles, was die magische Grenze von 22.ooh überschritt, sein.
Diese magische Grenze von 22.ooh hat Max für unsere eheliche
Zweisamkeit festgelegt. Vielleicht lag es daran, dass Max nach 22.ooh nicht
mehr konnte oder wollte. Auch nicht im Dunkeln.
Seit einigen Wochen nun kenne ich Peter. Peter kenne nur ich, Max kennt
ihn nicht.
Peter hat die neue Zahnarztpraxis meines pensionierten Zahnarztes
übernommen.
Es funkte bereits bei der ersten Behandlung zwischen uns. Ich saß, nein
lag halb in dem Stuhl, mit weit geöffnetem Mund, er beugte sich über mich und
unsere Blicke trafen sich. Mein Blick war ängstlich und fragend, sein Blick
überrascht und forschend zugleich.
Ich spürte seine unmittelbare Nähe, roch sein dezentes Rasierwasser und
seine männliche Ausstrahlung faszinierte mich. Er war mit dem pensionierten
Zahnarzt in keiner Weise zu vergleichen.
„Tut das weh?“
Nein mir tat nichts weh, aber der Raum drehte sich irgendwie um mich
und schien zu zittern.
Immer wieder versenkte er seinen Blick in mir und ich begann leicht zu
vibrieren. Das Taschentuch in meiner Hand war nur mehr ein Knäuel aber der
einzige Punkt an dem ich mich anhalten konnte.
Seine Augen waren blau.
„Sie waren eine wunderbare Patienten. Ich will nur noch ganz sanft
ihren Zahnbelag entfernen. Ich werde leicht darüber streichen um den äußeren
Wall zu lösen und den darunterliegenden Zahn freilegen.“
Ja, genau das war es. Den äußeren Wall freilegen um an das darunterliegende
zu kommen. Ich schloß die Augen und spürte seine sanften Fingerkuppen an meinen
Lippen.
Das leise Surren seines Apparates beruhigte mich, obwohl die
Vibrationen durch meinen Körper hindurchgingen. Es war ein intensives Gefühl,
er drang dabei sehr vorsichtig ganz bis nach rückwärts ein, bis er anstieß. Dort
verweilte er eine Weile rotierte mit dem Stab und seine Augen hielten meinen
Blick fest, um meine Reaktionen zu sehen und um sie richtig deuten zu können.
Er kam dann ein wenig nach vorne und bearbeitete jeden einzelnen Punkt
mit sehr viel Hingabe um dort, wo ich zusammenzuckte, eine Weile zu verweilen
und dann wieder, mit Druck auf die andere Seite meiner Höhle ganz rückwärts,
weiterzumachen.
Es machte mich halb verrückt, aber ich genoß es. Es schien eine
Ewigkeit vergangen zu sein, als er sich wieder zurückzog und mich anlächelte.
Inzwischen mache ich zweimal wöchentlich Hausbesuche bei meinem
Zahnarzt, immer nachmittags nach der Ordination, da ich ja eine Privatpatientin
bin.
Er untersucht dann jeden Punkt sehr genau, bohrt, wenn es ihm opportun
erscheint, poliert an manchen Stellen mit einer Hingabe, die mich erschauern
läßt und versenkt seinen Blick immer in dem meinen, um meine Reaktion zu
kontrollieren.
Wir haben diese Besuche inzwischen in seine Privaträume verlegt und
haben die Termine auf Wochen im voraus festgelegt.
Dort gibt es kein Tabu, es ist immer hell, die Teppiche weich, die
Polster sinnlich, prall gefüllt, mit kleinen zarten Glöckchen an den Ecken.
Er flüstert mir beruhigende, manchmal aufregende Worte ins Ohr. Er
fragt nach meinen Empfindungen, will wissen, ob es hier oder dort auch angenehm
ist, ob mir seine Behandlung zusagt. Manchmal kann ich nur nicken, manchmal mit
offenem Mund nur leise Laute ausstoßen, wenn er sich besonders intensiv mit mir
beschäftigt.
Wenn es besonders lange gedauert hat, dann bleibe ich noch eine Weile
und er versucht mich zu beruhigen.
Wir haben nun tatsächlich eine Ehe zu Dritt. Ich, Max und Peter der
Zahnarzt, der die Langeweile nun endgültig vertrieben hat.
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