Montag, 14. April 2014

DER SCHWARZE TOD, Teil 2





                            Der schwarze Tod.
                  Yersina pestis
Bildergebnis für ratten


Fortsetzung:
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Das dumpfe schwere Atmen verstärkte sich kontinuierlich und drang von überall herbei, es kam aus den Wänden und Rissen und Spalten des sie umgebenden brüchigen Erdwalles. Aus verschiedenen Ritzen drang eine schwarze zähflüssige Masse, die sich am Boden formierte und langsam in ihre Richtung kroch.

„Was ist das?“, die Stimme Sabines war nun  schrill und man hörte, dass sie Angst bekam.

„Ich weiß es nicht, doch es stinkt schrecklich und scheint intelligent zu sein, es versucht, uns einzuschließen, uns hier festzunageln!“. Auch Robert spürte, wie  Panik und Kälte  langsam von seinen Zehen beginnend, seine Beine aufwärts krochen. Nun begannen die Ratten wieder diese schmatzenden Geräusche zu machen und es kam Bewegung in die homogene Masse der Tierleiber. Sie formierten sich wieder zum Angriff.

„Sie kommen, oh Gott, sie kommen wieder!“ Robert verlor nun ebenfalls völlig die Fassung und  versuchte in seiner Angst die feuchte, abbröckelnde Wand der Baugrube zu erklimmen

„Wir haben nur eine Chance, wenn wir vielleicht  die Baumaschinen erreichen und uns in einer der Kabinen einschließen könnten“, Sabine versuchte ruhig zu bleiben, „ich verstehe das nicht, Du wolltest ja da runter und erforschen, was da lost ist und jetzt hast Du Angst?“



 „Ja; Du hast ja recht, aber ich erwartete nicht, so frontal damit konfrontiert zu werden. In den Baumaschinen sind wir nicht sicher, die sind nach unten hin offen.  Sag, wenn uns diese Biester beißen und infizieren, gibt es da ein Gegengift?“
„Ja, ja beruhige Dich doch,  sollten sich die ersten Anzeichen von Pest zeigen. Husten und Bläschen im Mund, wird Antibiotika verabreicht und Du kommst in Quarantäne.  Unbehandelt ist es sicher tödlich. Wahrscheinlich ging es den drei Toten aus irgendeinem Grund  so und sie wurden Tage vorher schon  von den Ratten gebissen. Man kann nur hoffen, dass sie niemand infiziert haben! Aber die, die in der Intensivstation liegen, werden sicher wieder gesund.“
Das wirkte beruhigend auf Robert.
Sie hatten inzwischen den großen Tunnel, der ins Erdinnere führte erreicht und drückten sich dort wieder an die Wand. Aus der Finsternis formierte sich plötzlich ein  schwarzer Schatten, der sich nach oben hin verbreiterte und nun drohend über ihnen, wie der berühmte Geist aus der Flasche,  schwebte.
 „Da vorne Sabine, siehst Du das?“ flüsterte Robert.
„Ja, ich sehe einen Schatten, wie er sich vorwärts bewegt. Im Lichte der Taschenlampen verändert er seine Gestalt dauernd“, flüsterte Sabine zurück.
„Oh nein, es ist nicht das Licht, der Schatten verändert wirklich seine Gestalt. Manchmal ist er hoch aufgerichtet, dann wieder zerfließen die Konturen und sein unteres Ende bewegt sich  am Boden dahin. Es sieht aus, als wäre es eine homogene Masse, die  sich so fort bewegt“. Robert richtete den Strahl der Lampe wieder nach vorne. Keuchend machte er einen Schritt zurück und die Lampe entglitt seiner Hand. Diese schwarze homogene Masse hielt inne, drehte sich um und  aus der dunklen Masse  starrte ihnen ein Totenkopf aus leeren Augenhöhlen mit aufgerissenem Mund entgegen. Aus dem Mund kam grauer Schleim  heraus, der Hauch der Pestilenz lag in der Luft.
Die Arme des Schattens wurden dünner, aber dafür  länger und wuchsen ihnen entgegen, als würden sie nach ihnen greifen wollen. Am Boden breitete sich diese dunkle teerähnliche Masse immer mehr aus und erreichte fast ihre Beine. Sie schrieen und wichen zurück, vergessend, dass draußen in der Baugrube die Ratten auf sie warteten.
Sie tasteten sich langsam  weiter und fanden plötzlich den Eingang in einen längeren Nebengang, in dem sie einbogen, von dem bedrohlichen Schatten sich fort bewegend
Hier war es dunkel und sie fühlten wieder diesen modrigen kühlen Luftzug an sich vorbei streifen.
„Oh, siehst Du das Robert? Auch hier gibt es diese dunklen klebrigen Schatten, sie kriechen an den Wänden und am Boden entlang, sie ähneln suchenden Fingern. Sie kommen immer näher!“ Sabine war das Grauen anzusehen. Sah so die Pest aus, wenn sie sich verbreitete, ihre Opfer suchte?
„Wir sollten doch versuchen wieder die Baugrube und die Leiter nach oben zu erreichen!“ flüsterte Robert.

Als sie hinaus liefen, war das schmatzende, geifernde Geräusch stärker geworden und sie blieben wie angewurzelt stehen. Die Tiere hatten ein Objekt für ihre Gier gefunden. Es war allem Anschein nach der Wachmann, der  die Baustelle zu bewachen hatte, der da am Boden lag. Die Tiere hatten sich in ihm verbissen, rissen Fleischstücke aus seinem Gesicht heraus, tranken das heraus quellende Blut an seinem Hals und waren  überall in seiner Kleidung, zwei dieser Bestien rauften  um einen Finger. Es war ein grauenhaftes Bild. Und über allem schwebten diese schwarzen Schatten, wogten bedrohlich hin und her. Es schien, dass sie sich an diesem Anblick weidete.
Die beiden ergriffen wahllos je ein der  Eisenstangen, die zahlreich herum lagen und versuchten die Tiere von dem Manne weg zu jagen. Doch wie es ihnen gelang, einige zu verjagen, waren sofort wieder  andere da. Sie mussten sich auch gegen Angriffe auf sich selbst wehren, die Situation schien hoffnungslos.
Sie versuchten es  auch mit Schreien, doch ohne Wirkung auf die Tiere.
„Robert, der Mann ist tot, wir müssen weg!“ schrie Sabine und zerrte nun ihrerseits den Freund am Ärmel
Dieser ließ die Eisenstange fallen und sie liefen so rasch als sie konnten zur Leiter, an der sie herabgestiegen waren. Als sie bereits einige Stufen erklommen hatten, blickten sie voll Angst zurück und sahen, wie aus dem großen Tunnel und auch aus mehreren kleinen Nischen und Spalten sich noch mehr  solche schwarze Schatten heraus wälzten und einige der Totenschädel  zu ihnen aus  schwarzen Augenhöhlen herauf starrten.  Ihre langen Arme schwangen in der Luft und es schien als würden sie die Ratten nach oben treiben wollen.
„Es ist, als würden ihnen die Ratten gehorchen, sie versuchen die Wände der Baugrube hinauf zu klettern, sie werden Tod und Verderben weiter geben, sie werden in die Kanäle und Keller der Häuser gelangen, die Pest wird sich verbreiten!“ flüsterte Robert.
Sie waren sehr froh, als sie wieder oben waren und setzten sich erschöpft auf den Boden, um Atem zu holen und das Entsetzliche zu verkraften.
Als eine der Ratten die Oberfläche erreichte, stieß Robert mit seinem Fuß nach ihr und schleuderte sie über den Rand hinunter.
Er nahm dann sein Telefon aus der Tasche und rief die Polizei an, meldete den Vorfall und den Toten in der Baugrube. Seine Stimme war unbeherrscht, schrill und laut und es dauerte eine Weile bis er sich wirklich verständlich machen konnte.
Binnen kurzer Zeit waren dann einige Polizeiautos und ein Rettungswagen da.
Einer der Polizisten in Zivil nahm die Beiden zur Seite.
„Was haben Sie denn, um Gottes Willen da unten gesucht? Können Sie das Schild nicht lesen? Hier steht groß und deutlich: Betreten der Baustelle verboten. Was haben Sie da unten gemacht?“
Robert zeigte seinen Presseausweis her und versuchte seine Beweggründe zu erklären.
„Aha, die Pest! Und da dachten sie, sie treffen die Pest da unten zu einem Plausch?“ die Stimme des Beamten  war schneidend und höhnisch.
„Sie werden es nicht glauben, wir haben die Pest auch getroffen in all ihrer Hässlichkeit!“ Sabine schrie es fast.
 „Haben Sie Bilder gemacht?“, fragte der Beamte nun, mit einem Blick auf den Fotoapparat, ohne auf diese Bemerkung einzugehen, „wenn ja, dann muss ich Sie bitten, mir den Film oder die Karte   auszuhändigen!“
Doch Robert hatte keine Bilder gemacht, da sie ja von einem Entsetzen ins andere fielen und daran ja nicht zu denken war. Es wurde ihm erst bewusst, als er die Frage hörte und da  tat es ihm leid, dass er keine Bilder hatte. Sie würden das Erlebte niemals beweisen können, wurde ihm sofort klar
Inzwischen hatten die Männer der Rettung den Körper des schrecklich zugerichteten Wachmannes heraufgeholt,  in den vorbereiteten Metallsarg gelegt und den Deckel geschlossen.
„Ich muss Sie bitten, mit aufs Revier zu kommen, ich muss ein Protokoll anfertigen und Ihre Aussagen aufnehmen!“ Der Beamte schien keinen Widerspruch zu dulden.
Auf dem Revier schilderten die beiden ihr Erlebnis und stießen bei den Beamten auf Kopfschütteln und Unglauben.
„Das mit den Ratten muss untersucht werden, ebenso der Tod des Wachebeamten. Sie dürfen die Stadt nicht verlassen, wir haben sicher noch einige Fragen an Sie. Außerdem wurde vorhin eine Nachrichtensperre aus dem Ministerium erlassen. Sie dürfen also vorläufig nicht darüber berichten“.
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Kapitel 3
Noch im Morgengrauen konnten Sabine und Robert durch die zugezogenen Gardinen die anrückende Feuerwehr sehen, konnten beobachten wie eine größere Mannschaft in die Baugrube stieg. Sie warfen zusätzliche Strickleitern hinab. Die Männer waren mit schwarzen Schutzanzügen bekleidet, hatten Sauerstoff-Flaschen am Rücken und Flammenwerfer in den Händen. Der Graben, die Kärntnerstraße und die Singerstraße, Seitengassen des Platzes, wurden abgesperrt, um sämtliche Neugierigen fern zu halten.
Sie bekämpften offenbar die Ratten, die zweifellos vorhandenen dunklen Schatten und die sich ausbreiten wollenden, unheimlichen schwarzen Massen mit Feuer.
Die Beiden konnten den Feuerschein durch die Gardinen deutlich sehen. Es war wohl die einzige und wirksamste Möglichkeit. Als sie dann auch noch pfeifende

Geräusche, Heulen und Stöhnen hörten, drückte sich Sabina an Roberts Brust und begann endlich hemmungslos zu weinen.

Sabine und Robert saßen am nächsten Abend in ihrem Stammlokal und starrten gemeinsam  in die von Robert mitgebrachte Zeitung.

Auf  Seite drei, als fast unscheinbare Nachricht, konnten sie Folgendes lesen:

„Aufgrund von Wasser- und Schlammeinbrüchen bei der U-Bahn-Baustelle am Stephansplatz, wurde diese für zwei Tage gesperrt. Immer wieder dringen  Erdmassen und Wasser nach. So werden die Wände nun mit Beton und Bitumen ausgekleidet. Durch Unachtsamkeit ist auch ein kleiner Brandherd entstanden, der jedoch von der Feuerwehr sofort unter Kontrolle gebracht werden konnte.“

Sabine stocherte in ihrem Essen herum, sie hatte seit gestern Abend  keinen Appetit.
 ENDE

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