Die Liberalisierung der
Begräbnis-Institute
von Joana Angelides
Die Liberalisierung
des Marktes in Europa bringt es mit sich, dass viele Tätigkeiten die bisher
staatlich waren ausgelagert oder
(aus)verkauft werden und in Privathände übergehen, oder die Lizenzen für solche
Betriebe frei gegeben werden.
Das nennt man freie
Marktwirtschaft.
So geschehen nun mit
Lizenzen für die Bestattung. Es gibt alleine in Österreich derzeit, man höre
und staune über 700 Bestattungsunternehmen. Kann man nur hoffen, dass genug
Leute sterben, um denen das Überleben zu sichern!
Hoffentlich kommt da
kein Übereifriger auf blöde Gedanken!
Also, der Leiche kann
es ja egal sein, wer sie eingräbt. Nicht so den nun neu auf dem Markt lauernden
Sarghändlern und Einbuddlern.
Bis vor ca. zwei
Jahren war es so, dass es in Wien nur eine Anlaufstelle gab, bei der man die
Leiche, die man plötzlich besitzt, aber nicht lange behalten durfte, abgeben
konnte. Die Wiener Bestattung.
Wie werden diese
Unternehmen nun um Marktanteile kämpfen? Welche Mittel werden wohl eingesetzt
werden?
Die Neueröffnung
dieser Unternehmungen muß natürlich mit dem nötigen Pomp und Wirbel vor sich
gehen, damit man ja im ganzen Grätzel
des Bezirkes schlagartig bekannt wird.
Es empfiehlt sich
auch, gleichzeitig einen Tag der offenen Türe zu machen um den Leuten zu zeigen, wie komfortabel sie in Hinkunft in
die Ewigkeit eingehen können.
Eine Musikkapelle,
Brötchen, Würstel und Bier gehören dazu, genau so wie schwarze Armbinden oder Krawatten
mit dem Logo der Firma für die Herren und schwarze Taschentücher mit Satinrand
für die Damen, selbstverständlich ebenfalls mit dem Logo.
Man könnte auch einen
Sarg in die Auslage stellen und die Menschen einladen, eine Nacht Probe zu
liegen.
Es wird sich in
Zukunft ja wohl so darstellen, dass die Akquisiteure der neu gegründeten
Begräbnis-Institute in den Spitälern herumlungern, von Bett zu Bett gehen
werden um mitzukriegen, wer wohl noch röchelt, oder wer schon ganz still
daliegt und eventuell die Letzte Ölung bekommt.
Als hilfreich wird
es sich erweisen, sich mit dem Pflegepersonal gut zu stellen, um eventuelle
Sterbetermine zu erfahren.
Man wird sogenannte
Todeslisten anlegen und dann abhacken, wenn es so weit ist.
Sollten jedoch die
Termine dann nicht eingehalten werden, sollten bereits vielleicht schon
gezahlte Anzahlungen für Provisionen sofort zurückgefordert werden. Der
betreffende Patient kommt dann auf die Liste der unzuverlässigen Subjekte.
Unerläßlich ist es,
im Falle des Todes des in Beobachtung stehenden Anwärters, sich sofort mit der
Familie oder des Verfügungsberechtigten in Verbindung zu setzen und ihm um
einen Termin bitten.
Zu diesem Termin
sind Folder, Holzmuster der Särge und Referenzen mitzubringen. Schließlich
sollte man ja die Zufriedenheit der Klienten nachweisen können.
Da es aber so ist, dass
nicht nur eine Firma auf der Matte steht, werden sich die Akquisiteure bemühen,
sofort eine Unterschrift auf den Auftrag sowie eine Einziehungsermächtigung von
der Bank zu erhalten. Stornos sind dann fast nie zu befürchten, da der
Begräbnistermin meist schon vor Ablauf der Stornofrist festgelegt wird.
Da nun aber in der
EU der freie Wettbewerb gilt, kann es sein, dass auch Firmen aus den anderen
Mitgliedsländern sich um solche Lizenzen bemühen werden und da muß besonders
darauf geachtet werden, dass die Leichen nicht vertauscht werden. Denn es wird
sicher schwierig sein, die eigene Leiche in Lettland oder Portugal
wiederzufinden. Und was macht man dann mit der Leiche die im eigenen Sarg liegt
und von niemand reklamiert wird?
Ganz abgesehen von
den Sprachschwierigkeiten mit den jeweiligen Totengräbern.
Die Frage ist
ebenfalls noch offen, ob es sich die Leiche noch bei Lebzeiten aussuchen kann,
in welchem Land Europas sie gerne begraben werden möchte? Gibt es dann
Autobusfahrten am ersten November zu den betreffenden Friedhöfen (Lettland oder
Portugal z.B.)?
Also, als
vorprogrammierte Leichen werden wir schon Sorgen haben in der Zukunft.
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