Freitag, 13. Juni 2014

DIE LIBERALISIERUNG, Satire



Die Liberalisierung der Begräbnis-Institute
von Joana Angelides


Die Liberalisierung des Marktes in Europa bringt es mit sich, dass viele Tätigkeiten die bisher staatlich waren  ausgelagert oder (aus)verkauft werden und in Privathände übergehen, oder die Lizenzen für solche Betriebe frei gegeben werden.

Das nennt man freie Marktwirtschaft.

So geschehen nun mit Lizenzen für die Bestattung. Es gibt alleine in Österreich derzeit, man höre und staune über 700 Bestattungsunternehmen. Kann man nur hoffen, dass genug Leute sterben, um denen das Überleben zu sichern!
Hoffentlich kommt da kein Übereifriger auf  blöde Gedanken!


Also, der Leiche kann es ja egal sein, wer sie eingräbt. Nicht so den nun neu auf dem Markt lauernden Sarghändlern und Einbuddlern.
Bis vor ca. zwei Jahren war es so, dass es in Wien nur eine Anlaufstelle gab, bei der man die Leiche, die man plötzlich besitzt, aber nicht lange behalten durfte, abgeben konnte. Die Wiener Bestattung.

Wie werden diese Unternehmen nun um Marktanteile kämpfen? Welche Mittel werden wohl eingesetzt werden?

Die Neueröffnung dieser Unternehmungen muß natürlich mit dem nötigen Pomp und Wirbel vor sich gehen, damit man  ja im ganzen Grätzel des Bezirkes schlagartig bekannt wird.

Es empfiehlt sich auch, gleichzeitig einen Tag der offenen Türe zu machen um den Leuten  zu zeigen, wie komfortabel sie in Hinkunft in die Ewigkeit eingehen können.

Eine Musikkapelle, Brötchen, Würstel und Bier gehören dazu, genau so wie schwarze Armbinden oder Krawatten mit dem Logo der Firma für die Herren und schwarze Taschentücher mit Satinrand für die Damen, selbstverständlich ebenfalls mit dem Logo.
Man könnte auch einen Sarg in die Auslage stellen und die Menschen einladen, eine Nacht Probe zu liegen.


Es wird sich in Zukunft ja wohl so darstellen, dass die Akquisiteure der neu gegründeten Begräbnis-Institute in den Spitälern herumlungern, von Bett zu Bett gehen werden um mitzukriegen, wer wohl noch röchelt, oder wer schon ganz still daliegt und eventuell die Letzte Ölung bekommt.
Als hilfreich wird es sich erweisen, sich mit dem Pflegepersonal gut zu stellen, um eventuelle Sterbetermine zu erfahren.
Man wird sogenannte Todeslisten anlegen und dann abhacken, wenn es so weit ist.

Sollten jedoch die Termine dann nicht eingehalten werden, sollten bereits vielleicht schon gezahlte Anzahlungen für Provisionen sofort zurückgefordert werden. Der betreffende Patient kommt dann auf die Liste der unzuverlässigen Subjekte.


Unerläßlich ist es, im Falle des Todes des in Beobachtung stehenden Anwärters, sich sofort mit der Familie oder des Verfügungsberechtigten in Verbindung zu setzen und ihm um einen Termin bitten.
Zu diesem Termin sind Folder, Holzmuster der Särge und Referenzen mitzubringen. Schließlich sollte man ja die Zufriedenheit der Klienten nachweisen können.

Da es aber so ist, dass nicht nur eine Firma auf der Matte steht, werden sich die Akquisiteure bemühen, sofort eine Unterschrift auf den Auftrag sowie eine Einziehungsermächtigung von der Bank zu erhalten. Stornos sind dann fast nie zu befürchten, da der Begräbnistermin meist schon vor Ablauf der Stornofrist festgelegt wird.
Da nun aber in der EU der freie Wettbewerb gilt, kann es sein, dass auch Firmen aus den anderen Mitgliedsländern sich um solche Lizenzen bemühen werden und da muß besonders darauf geachtet werden, dass die Leichen nicht vertauscht werden. Denn es wird sicher schwierig sein, die eigene Leiche in Lettland oder Portugal wiederzufinden. Und was macht man dann mit der Leiche die im eigenen Sarg liegt und von niemand reklamiert wird?

Ganz abgesehen von den Sprachschwierigkeiten mit den jeweiligen Totengräbern.

Die Frage ist ebenfalls noch offen, ob es sich die Leiche noch bei Lebzeiten aussuchen kann, in welchem Land Europas sie gerne begraben werden möchte? Gibt es dann Autobusfahrten am ersten November zu den betreffenden Friedhöfen (Lettland oder Portugal z.B.)?

Also, als vorprogrammierte Leichen werden wir schon Sorgen haben in der Zukunft.


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