Gefühle in der U-Bahn
von Joana Angelides
Immer, wenn er in der
U-Bahn fuhr, betrachtete er für sich die im Waggon befindlichen weiblichen
Fahrgäste. Er überlegte, welche von ihnen wohl heute Nacht Sex hatte und welche
nicht. Er glaubte es an den Lichtern in ihren Augen erkennen zu können. Doch
heute konnte er bei keiner der stumm und teilnahmslos dasitzenden Frauen und
Mädchen ein solches Licht erkennen.
Er betrachtete die ihm gegenüber sitzende junge Frau
in ihrem schwarzen Hosenanzug mit dem engen Oberteil und fand ihren Körper
äußerst ansprechend. Die beiden obersten Knöpfe des engen Oberteiles waren
geöffnet und man konnte den Brustansatz sehen. Er vermutete, daß sie keinerlei
Unterwäsche darunter trug. Man konnte die kleinen Erhöhungen, die die
Brustspitzen durch den weichen Stoff hindurch mehr als erahnen. Wenn sie sich bewegte, dann schoben
sich die beiden Brüste hin und her und er vermeinte einen süßen aromatischen Duft,
vermischt mit dem Duft der Frauen allgemein, zu verspüren.
Eine unglaubliche Lust stieg in ihm auf sich vornüber
zu beugen, auch die restlichen Knöpfe des engen Oberteiles aufzuknöpfen und mit
den Fingerspitzen ihre Brustspitzen zu berühren nur um ihre Reaktion darauf sehen zu können.
Doch er wußte, das
Einzige was er machen konnte war, die junge Frau wie zufällig zu berühren. Er
rutsche am Sitz etwas weiter nach vorne und berührte mit seinen Knien, ihre
Knie. Sie mußte es spüren, doch war ihr
keine Reaktion anzusehen. Sie schaute weiter nach rechts oder links und ließ es
geschehen. Seine anfängliche Verwunderung
schwand und machte einem von sich weg strömenden Gefühl Platz. Dieses
Gefühl strömte durch ihn hindurch, durchzog wärmend seine Lenden und bewegte
sich kribbelnd die Schenkel hinab, um dann dem Druck nachgebend, sich
bahnbrechend in die, nun spürbaren
Gegendruck ausübenden Knie seines Gegenübers zu ergießen. Er wurde
unruhig. Wie sollte es nun weitergehen? Er konnte sich ja schlecht nach vorne
beugen und seiner Intention nachgebend, ihr Oberteil aufzuknöpfen? Auch konnte
er nicht erwarten, daß sie sich zu ihm herüber beugen würde und ihrerseits
irgendwelche strategisch wichtigen Knöpfe öffnen würde. Immerhin war die U-Bahn
voll besetzt. Es war rush-hour.
Er heftete nun seinen
Blick auf ihr Gesicht und hoffte, einen Blick ihrer, unter den Lidern halb
verdeckten Augen zu erhaschen. Es war
ihm, als würde sie ihn aus dem Augenwinkel heraus ansehen. Dieser flüchtige Blickkontakt
erzeugte in seinem Kopf eine Explosion von tausend Sternen, elektrisierte ihn
und ließ ihn erzittern.
Und scheinbar meinte
es auch das Schicksal mit ihm gut. Sie fuhren in die Station ein und sie erhob
sich. Mit einem plötzlichen Ruck blieb die Bahn stehen. Alle Fahrgäste wurden
durcheinander gewirbelt und sein Gegenüber fiel wie zufällig auf ihn. Er spürte
ihren warmen Körper auf dem Seinen, ihr Duft raubte ihn fast den Verstand und
seine Hände griffen abstützend nach ihr. Wie zufällig umfaßten seine Hände ihre Brüste und er spürte die Härte ihrer
Brustspitzen. Sie hatte sich fallen
lassen und lag nun weich und sich anschmiegend auf ihm. Er hatte seine
Körperfunktionen nicht mehr unter Kontrolle und erlebte in diesem Augenblick
einen Höhepunkt, der sich in schon lang vermißter Intensität ergab. Ein kurzes
Anschmiegen des weiblichen Körpers über ihm und sie richtete sich auf.
Halb über ihm gebeugt
flüsterte sie:
„Fahren sie öfter mit
diesem Zug?“
Er konnte nur mehr
Nicken, dann waren sie in die Station eingefahren und sie stieg mit den anderen
Fahrgästen aus.
Heute hatte er dieses
Leuchten in den Augen, das er so vergebens bei den anderen gesucht hatte.
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