Ein Zelt in der Wüste
von Joana Angelides
Ohja, so Zelte im Wüstensand,
im Schatten von Dattelbäumen der Oase, haben
schon immer unsere Fantasie beschäftigt.
Die Zelte spannen sich im
Bogen über dem von Hand geknüpften Teppichen ausgelegtem Innenraum und werden
erwärmt vom sogenannten „Mangali“. Das sind Kupferkessel, die mit glosenden
Kohlenstücken gefüllt und mit einem Kupferdeckel abgedeckt sind.
Sie können auf einem
Eisengestell stehen, oder sich verjüngend nach unten in einem Stück, am Boden stehen.
Sie strahlen eine angenehme Wärme aus, um die kühlen Wüstennächte angenehm zu
machen. Die darin verglühenden Dufthölzer betören unsere Seele.
Natürlich liegen auf der
niederen Bettstatt genügend Polster herum, teils aus Seide, teils als Kelim
geknüpft, immer mit Quasten oder sogar kleinen Glöckchen bestückt, die bei
jeder Bewegung der darauf liegenden
Körper leicht erklingen.
Rund um die Lagerstatt stehen
Schalen mit süßen Früchten, Datteln und Feigen herum, mit kleinen
Wasserschalen, um die Finger sauber halten zu können.
Vielleicht kniet hinter einem
Paravent ein kleiner Junge und bewegt mit einem Seil den über allem schwebenden
Baldachin, um die Luft ein wenig zirkulieren zu lassen.
Vor dem Zelt spielt ein
Lautenspieler leise und tragend auf einem Saiteninstrument und der vor der Türe
aufgebaute Hüne, seines Zeichens Eunuch, bewacht mit verschränkten Armen, den
Zelteingang.
Die kleinen Laternen aus
durchbrochenem Metall, mit farbigen Glassteinen hinterlegt, werfen bunte
Lichter an die Zeltwand, die durch den nächtlichen Wüstenwind leicht bewegt
werden.
Das alles nehmen wir mit
unserem Unterbewusstsein wahr, unsere ganze Aufmerksamkeit jedoch richtet sich
auf uns. Wir tauchen ein in die vom Moschusduft getragene Gefühlswelt des
Orients.
Spüren, wie unsere
Nervenbahnen die Zärtlichkeiten des Anderen aufnehmen, wie die Hautoberfläche
von tausend Fingerkuppen berührt wird, warmer Atem uns langsam einhüllt und wir
auf wilden Pferden durch eine wunderschöne, goldglänzende Wüstenlandschaft mehr
fliegen als reiten.
Wir sehen die Sterne über
uns, das dunkle Blau des Himmels und die satte Scheibe des Mondes, ohne dass
wir das Zelt jemals verlassen.
Unser Flüstern, unser nicht
enden wollendes Verlangen, wird in diesem Zelt für alle Liebenden, für alle Zeiten zu hören und zu spüren sein.
War es nur eine Nacht, waren
es 1001 Nächte? Es macht keinen Unterschied.
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